Am 20. Dezember 2014 hat der Bundesgerichtshof eine Grundsatzentscheidung zur Frage des ordre public-Verstoßes in Fällen der Leihmutterschaft getroffen,[30] dabei hat er in der Sache die Linie fortgeschrieben, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits in zwei Entscheidungen gegen Frankreich am 26. Juni 2014 vorgegeben hatte.[31] Der Fall betraf zwei deutsche Männer, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, und in Kalifornien die Dienste einer Leihmutter in Anspruch genommen haben. Eine kalifornische Entscheidung, die beide Männer als rechtliche Eltern des Kindes festgestellt hat, wurde vom KG Berlin[32] nur in Bezug auf den einen Vater akzeptiert, dessen Samen bei der künstlichen Befruchtung der Leihmutter verwendet worden war und der die Vaterschaft auch nach den Maßstäben des deutschen Abstammungsrechts wirksam anerkannt hatte. Die rechtliche Zuordnung zum zweiten Lebenspartner wertete das Kammergericht – in Übereinstimmung mit der bis vor gar nicht allzu langer Zeit herrschenden Meinung[33] – als Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public (§ 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG). Hiergegen wendeten sich die Beschwerdeführer und verlangten, das Kind als gemeinschaftliches Kind der Lebenspartner in das Geburtenregister einzutragen.

Der Bundesgerichtshof hat diesem Antrag stattgegeben und auch der rechtlichen Vaterschaft des zweiten, mit dem Kind genetisch nicht verwandten Lebenspartners zur Anerkennung verholfen, denn ein Verstoß gegen den deutschen ordre public könne nicht festgestellt werden. Ausschlaggebend sei nicht das Anliegen, die Umgehung des deutschen Leihmutterschaftsverbots zu verhindern, im Vordergrund stünden vielmehr die Interessen des konkret betroffenen Kindes. Aus dessen Sicht spreche aber nichts gegen eine abstammungsrechtliche Zuordnung zu beiden Wunschelternteilen. Die bloße Möglichkeit, das Kind zu adoptieren, sei nicht ausreichend, um kindeswohlgerechte Lösungen zu gewährleisten.

[30] BGH FamRZ 2015, 240 m. Anm. Helms.
[31] EuGHMR v. 26.6.2014 – Rs. 65192/11 – Mennesson/Frankreich; EuGHMR v. 26.6.2014 – Rs. 65941/11 – Labassée/Frankreich; vgl. dazu Frank, FamRZ 2014, 1525 ff. und Engel, StAZ 2014, 353 ff. Vgl. nunmehr auch in einer dritten Entscheidung zu diesem Themenkomplex EuGHMR v. 27.1.2015 – Rs. 25358/12, Paradiso und Campanelli/Italien.
[32] StAZ 2013, 348 m. krit. Anm. Mayer, IPRax 2014, 57.
[33] VG Berlin StAZ 2012, 382, 383; Gaul, FamRZ 2000, 1461, 1476; Krömer, StAZ 2000, 310 f.; Motzer/Kugler/Grabow, Kinder aus Migrationsfamilien in der Rechtspraxis, 2. Aufl. 2012, Rn 8; Benicke, StAZ 2013, 101, 110 ff.; Engel, ZEuP 2014, 538, 557 f.; vgl. auch Looschelders, IPRax 1999, 420, 423. Erst in neuerer Zeit haben sich kritische Stimmen gemehrt: Sturm, in: FS Kühne, 2009, S. 927 f., 930 ff.; Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2674 f.; Mayer, RabelsZ 78 (2014), 551, 571 ff.; Dethloff, JZ 2014, 922, 926 ff.; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, 2014, S. 166 ff., 183 ff.

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