Die Frage, ob ein Verfahren unter den Begriff der sonstigen Familiensache fällt mit der Folge, dass der Rechtsweg zu den Familiengerichten gegeben ist, war früher allein nach dem Tatsachenvortrag des Antragstellers zu prüfen. Nach der neuen Rechtsprechung des BGH[12] ist für die Prüfung der Zuständigkeit nunmehr nicht allein auf den Vortrag des Antragstellers abzustellen. Es sind vielmehr zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:

Sofern die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen zugleich auch notwendige Tatbestandsmerkmale des vom Antragsteller geltend gemachten Anspruchs sind, handelt es sich um so genannte doppelrelevante Tatsachen. Hier kommt es weiterhin allein auf den Vortrag des Antragstellers an. Das Vorbringen des Antragsgegners ist in dieser Konstellation nicht von Bedeutung. So ist z.B. bei einem Anspruch aus § 1298 BGB (Ersatzpflicht bei Rücktritt von einem Verlöbnis) das Vorliegen eines Verlöbnisses ein materielles Tatbestandsmerkmal und begründet zugleich die Zuständigkeit des Familiengerichts i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG.

Sofern die die Zuständigkeit begründenden Tatsachen jedoch nicht gleichzeitig notwendige Tatbestandsmerkmale des Anspruches sind, bedarf es auch der Würdigung des Verteidigungsvorbringens des Antragsgegners, um feststellen zu können, ob ein Zusammenhang im vorgenannten Sinne besteht. In solchen Fällen kann die Entscheidung über den Rechtsweg nur auf unbestrittene oder bewiesene Tatsachen gestützt werden. Sofern der Antragsgegner die vom Antragsteller vorgebrachten Tatsachen bestreitet, bedarf es einer Beweiserhebung, wobei der Antragsteller die Beweislast trägt. Beispiel: Bei einem Gesamtschuldnerausgleichsanspruch nach § 426 BGB unter Verlobten ist das Bestehen eines Verlöbnisses nicht zugleich Tatbestandsmerkmal für den Ersatzanspruch.

Sofern ein Anspruch auf verschiedene Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann, ist bei der Frage, ob eine Nichtfamiliensache oder eine sonstige Familiensache gemäß § 266 FamFG vorliegt, nach der Rechtsprechung des BGH im Zweifel eine sonstige Familiensache anzunehmen.[13] Soweit es um die Abgrenzung einer sonstigen Familiensache nach § 266 FamFG von einer anderen Familiensache nach § 111 FamFG geht, ist wegen der Subsidiarität des § 266 FamFG der Einordnung als andere Familiensache der Vorzug zu geben.[14]

[12] BGH v. 5.12.2012 – XII ZB 562/11, FamRZ 2013, 281.
[13] BGH v. 5.12.2012 – XII ZB 562/11, FamRZ 2013, 281 Rn 29.
[14] Prütting/Helms/Heiter, § 266 FamFG Rn 18.

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