Durch das 1. Eherechtsreformgesetz wurden die Vorschriften zum nachehelichen Unterhalt in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich seitdem gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB generell nach den "ehelichen Lebensverhältnissen". Mit dieser Formulierung wollte der Gesetzgeber keine Änderung gegenüber dem früheren Maßstab für den verschuldensabhängigen Unterhalt nach den "Lebensverhältnissen der Ehegatten" herbeiführen. Die leicht geänderte Formulierung sollte lediglich den wesentlichen Reformgedanken verdeutlichen, wonach der nacheheliche Unterhalt nun auch verschuldensunabhängig den vollen Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen sicherstellen und nicht lediglich einen geringeren Unterhaltsbeitrag einräumen sollte, wie dies im Rahmen des von einem Scheidungsverschulden unabhängigen früheren Unterhaltsbeitrags nach § 60 EheG der Fall war.[9]

Die Bedeutung des durch die Eherechtsreform neu geschaffenen Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB wird auch durch den Unterschied zur Bedarfsbemessung beim Verwandtenunterhalt deutlich. Gemäß § 1610 Abs. 1 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Verwandtenunterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). Gleiches gilt für den Bedarf beim Unterhaltsanspruch wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes.[10] Demgegenüber ist der nacheheliche Unterhaltsbedarf grundsätzlich höher, als der sich aus der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten ergebende Bedarf. Denn § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt auf die auch vom Einkommen des besser verdienenden und damit unterhaltspflichtigen Ehegatten beeinflusste eheliche Lebensstellung ab. Nur aus besonderen Gründen kann der nacheheliche Unterhalt gemäß § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden. Die besondere Bedeutung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt somit vorrangig darin, dass die Vorschrift das Maß des nachehelichen Unterhalts grundsätzlich nicht an der eigenen, sondern an der ehelichen Lebensstellung ausrichtet. Mit der Berücksichtigung nachehelicher Änderungen hat dieser Aspekt zunächst nichts zu tun. Wenn Rechtsprechung und Literatur der Vorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichwohl eine Bedeutung als Stichtagsregelung entnommen hatten, war dies auf die ursprünglich fehlende Begrenzungsmöglichkeit[11] und darauf zurückzuführen, dass die Bedeutung des Maßstabs der ehelichen Lebensverhältnisse seinerzeit nicht so deutlich zutage trat, wie dies inzwischen der Fall ist.

[9] Vgl. BVerfGE 57, 361 = FamRZ 1981, 745.
[10] BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 und BGH, Urt. v. 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442.
[11] Vgl. Dose, FamRZ 2011, 1341, 1344 f.

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