Die Verwirkung ist für den nachehelichen Unterhalt in § 1579 BGB[4] geregelt; sie gilt über § 1361 Abs. 3 BGB für den Trennungsunterhalt entsprechend.[5] Bis 1986 lautete diese Bestimmung:

Zitat

"(1) Ein Unterhaltsanspruch besteht nicht, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, weil"

2. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,

4. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Gründe.

(2) Absatz 1 gilt nicht, solange und soweit von dem Berechtigten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.“

Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Übergang des Gesetzgebers zum verschuldensunabhängigen Unterhaltsrecht[6]

Zitat

"Nur ein schwerwiegendes und auch klar bei einem Ehegatten liegendes evidentes Fehlverhalten soll geeignet sein, die Voraussetzungen dieses Ausschlusstatbestandes" (§ 1579 Abs. 1 Nr. 4 a.F. BGB) "zu erfüllen (vgl. BGH NJW 1979, 138 (1349) mit Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen)".

ist § 1579 BGB geändert worden; inhaltliche Konsequenzen für die Bewertung von Strafanzeigen ergeben sich daraus aber nicht:[7] Mussten sich früher Strafanzeigen (abgesehen von Nr. 2) an den Voraussetzungen der Nr. 4 messen lassen, so kommen heute als mögliche Verwirkungsgründe die Nummern 3, 5 und Nr. 7 in Betracht; dies ist bei der Verwertung früherer Entscheidungen zu bedenken.

Die heutige Fassung des § 1579 BGB lautet wie folgt:

Zitat

"Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil"

3. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,

5. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,

8. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.“

Das Gesetz zählt in den Nummern 1 bis 7 also bestimmte Verhaltensweisen auf, die als notwendige Bedingung für die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts vorliegen müssen; zudem enthält Nr. 8 als Auffangtatbestand die Möglichkeit, andere Gründe zu erfassen, die "ebenso schwerwiegend" sind. Alle Fälle erfordern als weitere Bedingung für die Verwirkung eine "grobe Unbilligkeit": Bei der Prüfung, ob in concreto diese grobe Unbilligkeit vorliegt und ob sie nur eine Beschränkung oder gar eine Versagung des Unterhalts erfordert, können alle möglichen Momente Gewicht haben.[8] Eine wichtige Rolle spielen nach Abs. 2 die Belange gemeinsamer Kinder, wenn diese vom Unterhaltsberechtigten gepflegt oder erzogen werden; unter diesem Aspekt kommt eine völlige Versagung des Unterhalts nur in "seltenen Ausnahmefällen" in Betracht.[9]

[4] Allgemein zu Zweck und Entwicklung der Norm etwa Wönne/Gerhardt, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage, § 4 Rn 1200–1203.
[5] Zum Anwendungsbereich etwa Gerhardt, a.a.O., Rn 1209–1212.
[6] BVerfGE 57, 361–394 (Rn 65).
[7] MüKo-BGB/Maurer, § 1579 Rn 33.
[8] Vgl. Jauernig/Berger/Mansel, BGB, 14. Aufl., § 1579 Rn 2 unter Hinweis auf BGH NJW-RR 86, 1194; eingehend dazu Gerhardt, a.a.O., Rn 1218–1228.
[9] Berger/Mansel, a.a.O.

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