[1] A. Die Parteien streiten über die Frage der Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren nach einem in Unkenntnis der Berufungsrücknahme gestellten Sachantrag der Berufungsbeklagten.

[2] Nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien machte der Kläger gegen die Beklagte vermögensrechtliche Ausgleichsansprüche geltend. Das Landgericht wies seine Klage ab. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein, die er mit einem am 21.7.2016 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründete. Diese Berufungsbegründung wurde der Beklagtenvertreterin zusammen mit einem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 2.8.2016 am 9.8.2016 zugestellt. Mit diesem wies es auf seine Absicht hin, die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Außerdem setzte es eine Erwiderungsfrist von einem Monat. Mit am 16.8.2016 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz erklärte der Kläger die Rücknahme der Berufung. Ihm wurden mit Beschluss vom gleichen Tag die Kosten des Rechtsmittels auferlegt. Dieser Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 22.8.2016 zusammen mit dem klägerischen Rücknahmeschriftsatz zugestellt. Mit ebenfalls am 22.8.2016 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vom 19.8.2016 beantragte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten, die am 21.6.2016 von der Beklagten beauftragt worden war, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

[3] Die Beklagte hat die Festsetzung der ihr im Berufungsverfahren entstandenen Kosten gegen den Kläger in Höhe von insgesamt 1.524,15 EUR beantragt, die sich aus einer 1,6-Verfahrensgebühr in Höhe von 1.260,80 EUR sowie der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20 EUR, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, zusammensetzen.

[4] Das Landgericht (Rechtspfleger) hat die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten unter Ansatz einer 1,1-Verfahrensgebühr auf insgesamt 1.055,29 EUR festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht diesen Beschluss abgeändert und die vom Kläger an die Prozessbevollmächtigte der Beklagten, an die die Beklagte ihren Kostenerstattungsanspruch zwischenzeitlich abgetreten hatte, zu erstattenden Kosten antragsgemäß festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde.

[5] B. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

[6] I. Das Oberlandesgericht hat seine in MDR 2017, 300 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

[7] Bei den der Beklagten durch Stellung des Sachantrags auf Zurückweisung der Berufung entstandenen Rechtsanwaltskosten handele es sich um notwendige Aufwendungen i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der Prüfung der Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten allein auf die objektive Sicht einer verständigen und wirtschaftlich vernünftigen Partei abgestellt werde, die das Gebot sparsamer Prozessführung im Blick habe, sei dies nicht damit zu vereinbaren, dass es auf die Unkenntnis des Rechtsmittelbeklagten von der Berufungsrücknahme nicht ankommen solle. Denn die Kenntnis von dem Fortbestehen des Rechtsmittels sei dafür entscheidend, welche Maßnahmen die Partei für sachdienlich zu halten habe. Da die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei einen Rechtsanwalt beauftragen dürfe und die entstandenen Kosten im Falle ihres Obsiegens vom Gegner erstattet verlangen könne, müssten diese Kosten im Grundsatz auch erstattungsfähig sein. Es erscheine nicht gerechtfertigt, der Partei das volle Kostenrisiko auch für den Fall aufzuerlegen, dass das Rechtsmittel – zu einem von ihr nicht beeinflussbaren Zeitpunkt – zurückgenommen werde.

[8] Die Ungewissheit, ob ein Rechtsmittel eventuell bereits zurückgenommen sei, könne im Hinblick auf noch im Geschäftsgang befindliche oder erst in Kürze eingehende Rücknahmeschriftsätze durch einen Anruf bei der Geschäftsstelle des Gerichts nicht zuverlässig beseitigt werden. Es erscheine auch nicht zumutbar, der mit einem Rechtsmittel überzogenen Partei die Pflicht aufzuerlegen, sich vor der Fertigung eines Erwiderungsschriftsatzes bei dem Rechtsmittelführer oder dessen Prozessbevollmächtigten zu erkundigen, ob das Rechtsmittel zurückgenommen sei. Dies gelte umso mehr, als es der Rechtsmittelführer selbst in der Hand habe, dem Gegner oder dessen Anwalt die Rücknahme des Rechtsmittels frühzeitig mitzuteilen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auch nicht mit den Besonderheiten des Kostenfestsetzungsverfahrens zu rechtfertigen, da es sich bei der Feststellung, wann der Rechtsmittelgegner Kenntnis von der Rücknahme des Rechtsmittels erlangt hat, nicht um eine schwierige, für das auf die formale Prüfung von Kostentatbeständen zugeschnittene Kostenfestsetzungsverfahren ungeeignete Rechtsfrage handele.

[9] II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Das Oberlandesgericht hat die der Berufungsbeklagten durch den Antra...

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