Erzielt das verheiratete Kind lediglich geringe Einkünfte aus einem Mini-Job oder einer versicherungspflichtigen Tätigkeit, so stellt sich die Frage, inwieweit diese für einen Elternunterhalt zur Verfügung stehen. Dies ist nur der Fall, wenn der angemessene Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Ehegatten über den Familienunterhalt vollständig gesichert ist.[139]

Nach Reinken[140] ist entsprechend den Grundsätzen zum Einsatz des Taschengeldes dem unterhaltspflichtigen Kind von seinen Einkünften, soweit sie nicht zum Familienunterhalt einzusetzen sind, ein Betrag in Höhe von 5–7 % des Familienmindestselbstbehalts zu belassen. Von den übersteigenden Einkünften ist die Hälfte für den Elternunterhalt einzusetzen.[141]

Richtigerweise sollte dieselbe Formel angesetzt werden, wie sie auch beim besser verdienenden Ehegatten angenommen wird.[142] Bislang hat der BGH einen solchen Fall noch nicht entschieden.[143]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 4:

M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 4.550 EUR, F von 450 EUR. Das Familieneinkommen beträgt damit 5.000 EUR.

Nach Abzug des Familienbedarfs von 2.880 EUR verbleiben 2.120 EUR.

Was hat M für den Elternunterhalt einzusetzen?

M verbleibt die Hälfte, davon abzüglich 10 % Haushaltsersparnis (212 EUR), also die Hälfte von 1.908 EUR, somit 954 EUR.

Den Ehegatten verbleiben somit: 954 EUR + 2.880 EUR = 3.834 EUR (= Familienbedarf)

Das einzusetzende Einkommen beträgt daher (5.000 EUR ./. 3.834 EUR) = 1.166 EUR.

Der Anteil von M am Gesamteinkommen beträgt 91 % (4.550 EUR : 5.000 EUR):

M hat daher 0,91 × 1.166 EUR = 1.061 EUR für den Elternunterhalt einzusetzen.

Was hat F für ihre Eltern einzusetzen?

Lösung nach Vorgabe Reinken:

Der Familienbedarf von 2.880 EUR ist bereits vollständig gedeckt, so dass das Einkommen der F für den Elternunterhalt herangezogen werden kann. →

450 EUR ./. 144 EUR (Taschengeld i.H.v. 5 % des Familienmindestselbstbehalts) = 306 EUR.

Davon sind ½ anzusetzen: ½ x 306 EUR = 153 EUR können für den Elternunterhalt verwendet werden.

Lösung nach Seiler:

Wie oben für M:

Der Anteil der F am Gesamteinkommen beträgt 0,09 % (450 EUR : 5.000 EUR)

F hat daher 0,09 × 1.166 EUR = 105 EUR für den Elternunterhalt einzusetzen.

Hierfür spricht vor allem eine Gesamtbetrachtung:

Sind beide Kinder ihren Eltern jeweils unterhaltspflichtig und verdienen beide Ehegatten (Beispiel 2), so sind maximal 1.166 EUR einzusetzen.

Im Beispiel 3 stehen die Ehegatten schlechter, da der Ehemann die gesamten 1.166 EUR, die Ehefrau zusätzlich noch 53 EUR für ihre Eltern einsetzen müsste.

Im Beispiel 4 wären dagegen nach der Lösung Seiler auch nur maximal 1.166 EUR einzusetzen (M 1.061 EUR und F 105 EUR); folgt man dagegen den Vorgabe von Reinken, so hätte M 1.061 EUR und F 153 EUR, insgesamt hätten sie somit 1.214 EUR einzusetzen und wären bei gleichem Familiengesamteinkommen (5.000 EUR) schlechter gestellt.

Dies kann im Ergebnis so nicht gewollt sein. Zumindest müsste in den Fällen 2 und 3 (soweit man Reinken folgt) eine Angemessenheitskontrolle dahingehend erfolgen, dass die Eheleute insgesamt nicht mit mehr als 1.166 EUR in Anspruch genommen werden.

[139] BGH FamRZ 2013, 363; Dose, FamRZ 2013, 993, 1000.
[140] Reinken, NJW 2013, 2993, 2998.
[141] Reinken, NJW 2013, 2993, 2998 mit Hinweis auf Dose, FamRZ 2013, 993, 1000; BGH FamRZ 2004, 795, 797.
[142] Ebenso i.E. auch Jüdt, FuR 2013, 62, 63; OLG Hamm FamRZ 2013, 1146, 1150; Palandt/Brudermüller, § 1360a BGB Rn 4, da ein Taschengeldanspruch nur besteht, wenn das eigene Einkommen das Taschengeld nicht erreicht.
[143] So i.E. aber nunmehr wohl auch BGH – XII ZB 25/13 – über juris, Leitsatz 1 und Rn 29.

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