Sofern es nicht mehr nur darum geht, zur Schlichtung des Elternkonflikts das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil allein oder beiden Elternteilen periodisch wechselnd zuzuweisen bzw. den Zweck des Umgangsrechts sicherzustellen, sondern den konkreten Aufenthalt des Kindes durch verbindliche Regelung anzuordnen, findet sich weder in § 1671 Abs. 1 noch § 1684 Abs. 3 eine geeignete Rechtsgrundlage. Das Begehren, das Wechselmodell "anzuordnen", macht eine Regelungslücke im Kindschaftsrecht sichtbar, die unter klarem Vorherrschen des Residenzmodells so deutlich nicht zu erkennen war, weil dieses auch ohne gerichtliche Einwirkung auf die tatsächliche Ebene gegen den Willen eines Elternteils vom anderen, insoweit alleinberechtigten Elternteil durchgesetzt werden kann. Diese Regelungslücke ist jedoch keineswegs planwidrig und berechtigt deshalb nicht zur Analogie; sie ist vielmehr verfassungsrechtlich zwingend erforderlich:[91] Die Grenzlinie, was das Gericht noch und was es nicht mehr anordnen kann, definiert allein Art. 6 Abs. 2 GG, und die darin getroffene Wertentscheidung lautet: Der Staat wacht an der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung, mithin an der Grenze des § 1666.[92]

[91] Zur gegenteiligen Einschätzung gelangen Sünderhauf/Rixe, FamRB 2014, 469, 470 f.
[92] Coester, FamRZ 1996, 1181, 1186; grundlegend zu dieser "Demarkationslinie" zwischen Elternautonomie und staatlichem Wächteramt Staudinger/Coester, (2009) § 1671 Rn 263, § 1666 Rn 81 ff.; ders., DEuFamR 1999, 3, 11 f.; diese Grenze ist nicht schon durch die Trennung als solche überschritten: BT-Drucks 13/4899, S. 64.

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