Einführung

Mit dem Terminus "heterologe Insemination" bezeichnet man die künstliche Befruchtung der weiblichen Eizelle mit dem Samen eines Spenders, mit dem die Mutter weder verheiratet ist noch in dauerhafter Partnerschaft lebt. Die besondere Situation der Zeugung eines Kindes, dessen rechtlicher Vater nach dem Willen der Beteiligten mit allen Konsequenzen dauerhaft vom biologischen Vater abweichen soll, führt u.a. zu der Frage, ob die Vaterschaftsanerkennungs- und Sorgeerklärungen, die immer dann, wenn der Wunschvater nicht mit der Mutter verheiratet ist, notwendig sind, rechtlich verbindlich bereits vor Zeugung des Kindes abgegeben werden können. Dieselbe Frage stellt sich, wenn der Samenspender, der mit der Mutter in dauernder Partnerschaft lebt, vor Beginn der Inseminationsbehandlung ("quasi-homologe Insemination") die Vaterschaft anerkennen möchte. In beiden aufgeführten Fällen wird dies gemäß den Richtlinien der Bundesärztekammer der behandelnde Arzt fordern. Das Ergebnis meiner Ausführungen wird sein, dass dies auf Basis der bestehenden Rechtslage entgegen weit verbreiteter Meinung möglich ist, und zwar auch außerhalb von Inseminationsbehandlungen.

I. Vaterschaft und Sorgerecht des Vaters bei künstlicher Befruchtung

Nach § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater des Kindes derjenige, der im Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist. Diese Festlegung greift auch im Fall der heterologen Insemination, obwohl hier sicher feststeht, dass der Ehemann der Mutter nicht der biologische Erzeuger des Kindes ist.[1] Sind die Wunscheltern miteinander verheiratet, steht also dem Wunschvater neben der Mutter bereits ab Vollendung der Geburt ohne Weiteres das gemeinsame elterliche Sorgerecht zu. Bei einem unverheirateten Paar gilt das Kind dagegen im Ausgangspunkt als vaterlos.[2]

[1] Palandt/Brudermüller, 75. Aufl., § 1592 BGB Rn 3; Wehrstedt, RNotZ 2005, 109, 114; Wilms, RNotZ 2012, 141, 144.
[2] Palandt/Brudermüller, 74. Aufl., § 1592 BGB Rn 6; Wilms, RNotZ 2012, 141, 144.

1. Vaterschaftsanerkennung

Es besteht jedoch die Möglichkeit der Vaterschaftsanerkennung nach §§ 1594, 1592 Nr. 2 BGB. Die Anerkennung der Vaterschaft kommt auch in Betracht, wenn der anerkennende Vater als biologischer Erzeuger sicher ausscheidet.[3] Deswegen kann durch die Vaterschaftsanerkennung auch im Fall der heterologen Insemination eine verbindliche verwandtschaftliche Beziehung im familienrechtlichen Sinn begründet werden.[4]

Die Anerkennungserklärung bedarf nach § 1595 Abs. 1 BGB der Zustimmung der Mutter. Beide Erklärungen sind bedingungsfeindlich (§§ 1594 Abs. 3, 1595 Abs. 3 BGB), höchstpersönlich (§ 1596 Abs. 4 BGB) und öffentlich zu beurkunden (§ 1597 Abs. 1 BGB).

Die berechtigten Interessen von allen Beteiligten geben Anlass zu der Frage, ob eine verbindliche Anerkennung der Vaterschaft bereits vor der Durchführung der künstlichen Befruchtung erklärt werden kann. Die Mutter wird das Risiko ausschließen wollen, dass ihr Partner zu einem späteren Zeitpunkt, etwa nach einer Trennung, zur Vaterschaftsanerkennung nicht mehr bereit ist.[5] Umgekehrt wird der Partner der Mutter sein künftiges Sorgerecht sicherstellen wollen. Denn für den Fall, dass die Mutter seiner Anerkennung nicht zustimmt, besteht keine Erfolgsaussicht, sich das Sorgerecht gerichtlich zu erstreiten.[6] Durch die frühzeitige Übernahme rechtlicher Verantwortung durch den Wunschvater wird zudem die Wahrscheinlichkeit verringert, dass der Samenspender für den Kindesunterhalt aufkommen muss.[7] Schließlich streitet auch – und vor allem – das Bedürfnis des Kindes, in verwandtschaftlich klare Strukturen hineingeboren zu werden, für eine frühzeitige verbindliche Anerkennung der Vaterschaft.[8] Nur auf diese Weise können verantwortungsbewusste zukünftige Eltern von Anfang an verbindlich die Existenz eines rechtlichen Vaters gewährleisten und dies konsequenterweise zur Bedingung einer heterologen Insemination machen.

Der Wortlaut des Gesetzes steht einer Anerkennung der Vaterschaft bereits vor Durchführung der künstlichen Befruchtung nicht zwingend entgegen. § 1594 Abs. 4 BGB lässt eine Anerkennung nämlich ausdrücklich auch schon vor der Geburt des Kindes zu. Zugegebenermaßen entsteht erst mit der künstlichen Befruchtung ein konkretes Bezugssubjekt für die Anerkennungserklärung. Deswegen wird die Möglichkeit einer verbindlichen Vaterschaftsanerkennung vor der Befruchtung teilweise abgelehnt.[9] Andere wenden ein, die frühzeitig erklärte Anerkennung der Vaterschaft stehe unter der unzulässigen Bedingung, dass das Kind auch tatsächlich das Ergebnis der konkreten künstlichen Befruchtung sei.[10] Diesen Argumenten lässt sich jedoch entgegentreten:

Den Bestimmtheitsanforderungen kann bereits dadurch ausreichend entsprochen werden, dass die frühzeitige Anerkennung der Vaterschaft in zeitlicher Hinsicht Bezug auf das konkrete heterologe Inseminationsvorhaben nimmt.[11] Damit ist gewährleistet, dass im Zeitpunkt der Befruchtung der weiblichen Eizelle, also der Entstehung des Kindes, eindeutig feststeht, ob das Kind von der Anerkennungserklärung gedeckt ist. Dies ist immer dann der Fall, we...

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