1. Stellt die begehrte Rückführung der Kinder von den Pflegeeltern zu den leiblichen Eltern nach fünfjähriger Verfahrensdauer wegen der gewachsenen Beziehungen zu den Pflegeeltern und des damit verbundenen Verlustes der primären Bindungspersonen eine nachhaltige Gefährdung der Kinder dar, so ist dieser Gefahr durch eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB zu begegnen, die gegenüber dem Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts das mildere Mittel dargestellt. Den Eltern ist aber das Recht der Antragstellung nach dem SGB VIII zu entziehen, damit sie nicht den Antrag auf Vollzeitpflege zurückziehen und damit die Verbleibensanordnung "unterlaufen" können. Die Entziehung weiterer Teilbereiche der elterlichen Sorge – namentlich die Gesundheitsfürsorge und die Regelung schulischer Angelegenheiten – ist nicht erforderlich, wenn keine Anhaltspunkte mehr dafür bestehen, dass die Eltern in Zukunft Entscheidungen treffen, die dem Kindeswohl nicht entsprechen. (red. LS; OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.5.2015 – 3 UF 445/11, FamRZ 2015, 2172, im Nachgang zu BVerfG, Beschl. v. 22.5.2014 – 1 BvR 2882/13, FamRZ 2014, 1266)
  2. Durch eine Sorgerechtsvollmacht kann die gemeinsame elterliche Sorge nur dann beibehalten und eine Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vermieden werden, wenn die Vollmacht auf der Grundlage einer Vereinbarung der Eltern erteilt wurde (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.4.2015 – 18 UF 181/14, FamRZ 2015, 2178).
  3. a) Voraussetzung für weitere Ermittlungen im Rahmen der Amtsermittlungspflicht ist, dass das Alter des Betroffenen zweifelhaft ist. Ist die Behauptung, minderjährig zu sein, offenkundig falsch oder legt der Betroffene die Umstände, aus denen sich seine Minderjährigkeit ergeben soll, schon nicht hinreichend plausibel dar, gebietet die Amtsermittlungspflicht keine Ermittlungen "ins Blaue" hinein. b) Der Zweifelssatz – demzufolge bei nicht ausräumbaren Zweifeln an der Volljährigkeit zugunsten des Betroffenen von dessen Minderjährigkeit auszugehen ist – greift erst ein, wenn sich das Gericht trotz Ausschöpfung aller verfahrensrechtlich möglichen und zulässigen sowie nach den Umständen veranlassten Aufklärungsmöglichkeiten keine hinreichende Gewissheit über das tatsächliche Alter des Betroffenen verschaffen kann. c) Zum Umfang der Mitwirkungspflicht des Betroffenen gem. § 27 FamFG bei der Feststellung seines Alters. d) Zur Bedeutung und Verwertbarkeit einer Röntgenuntersuchung des Handskeletts. (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.8.2015 – 18 UF 92/15, FamRZ 2015, 2182 = ZKJ 2015, 471; gegen die Entscheidung wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt; vgl. jetzt für das Jugendhilfeverfahren § 42f SGB VIII).
  4. a) Zur Hinzuziehung von Pflegepersonen i.S.d. § 161 Abs. 1 S. 1 FamFG (hier: Großeltern) als Beteiligte und zu ihrem Akteneinsichtsrecht in einem Kindschaftsverfahren. b) Familienpflege bedeutet Pflege und Erziehung eines Kindes in einer anderen als seiner Herkunftsfamilie und geht im Bereich des BGB und FamFG über den Begriff erlaubnispflichtiger Familienpflege im Sinne des § 44 SGB VIII hinaus. Unabhängig hiervon besteht bei Pflege eines Kindes durch die Großeltern eine Ausnahme vom behördlichen Erlaubnisvorbehalt gem. § 44 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VIII. (OLG Hamburg, Beschl. v. 24.2.2015 – 2 UF 160/14, FamRZ 2015, 2188)

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