Die Entscheidung des BGH bringt ein gutes Stück Rechtsklarheit und gibt den Gerichten und der Rechtsberatung praktische Vorgaben in Adoptionsfällen an die Hand, bei denen es sich um ein Kind aus einer Samenspende handelt. In der Sache ist der Entscheidung weitgehend zuzustimmen. Dem BGH ist es offensichtlich ein Anliegen, das Recht des genetischen Vaters auf Zugang zur rechtlichen Elternschaft aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zu stärken. Der Beschluss liegt damit auf der Linie der Rechtsprechung des BVerfG und des EGMR, die in den letzten gut 20 Jahren die Rechte von Vätern konsequent gestärkt und ausgebaut haben und den Gesetzgeber so immer wieder zu Reformen zwangen.[48]

In der Gerichts- und Beratungspraxis sollte in Adoptionsverfahren, in denen das Kind mittels einer Samenspende gezeugt wurde, nun stets die Frage nach der Art der Samenspende gestellt werden. Dies ist für die Samenspender-Konstellationen die zentrale tatsächliche Weichenstellung, ob eine Einwilligung des genetischen Vaters im Adoptionsverfahren überhaupt problematisch werden kann. Ob dann im Falle einer privaten "Becherspende" eine Ausnahme vom Grundsatz der Unterrichtungspflicht des Spenders besteht, bleibt eine Frage des Einzelfalls. Der Rechtsanwender hat dann das Vorliegen der Voraussetzungen der beiden Ausnahmen zu prüfen.

[48] Siehe z.B. aus der Rspr. des BVerfG: BVerfGE 127, 132 (elterliche Sorge); BVerfGE 117, 202 (Verfahren zur Klärung der Abstammung); BVerfGE 108, 82 (Anfechtung der Vaterschaft und Umgangsrecht); BVerfGE 107, 150 (elterliche Sorge für sog. Altfälle); BVerfGE 92, 158 (Einwilligung in die Adoption). Diese Beschlüsse betreffen jedoch nur die Fälle, in denen das BVerfG den Gehalt einer einfachgesetzlichen Norm nicht über eine verfassungskonforme Auslegung korrigieren konnte. Zur verfassungskonformen Auslegung kindschaftsrechtlicher Normen, vgl. dazu etwa BVerfG NJW 2006, 827 (Ersetzung der Einwilligung des nichtehelichen Vaters bei der Adoption); BVerfG NJW 2006, 1723 (Voraussetzungen der Sorgerechtsübertragung an den nichtehelichen Vater nach Sorgerechtsentzug der Mutter). Zur Rspr. des EGMR vgl. nur die Urteile EGMR, Anayo ./. Deutschland, Urt. v. 21.12.2010, FamRZ 2011, 269 und EGMR, Zaunegger ./. Deutschland, Urt. v. 3.12.2009, NJW 2010, 501, die beide den Gesetzgeber zu einer Reform des Sorge- bzw. des Kindschaftsrechts veranlasst haben.

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