Dass sich der geschiedene Ehegatte mit seiner Wiederheirat nicht mehr auf eine fortdauernde eheliche Solidarität aus der früheren Ehe berufen kann, liegt auf der Hand. Es stellt sich indes die Frage, inwieweit hiervon auch der – die Kinderbetreuung sicherstellende – Betreuungsunterhalt betroffen ist, vor allem wenn die Wiederheirat dem Unterhaltsberechtigten faktisch keine "neue Quelle der Lebensversorgung eröffnet", also der neue Ehegatte nicht leistungsfähig ist.

a) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass § 1570 BGB und § 1615l BGB zwar Unterhaltsansprüche begründen, die nicht dem Kind selbst, sondern dem das Kind betreuenden Elternteil zustehen. Gleichwohl betreffe die Frage, wie lange dieser Unterhalt dem Betreuenden zu leisten sei, die Lebens- und Betreuungssituation des Kindes und wirke auf diese ein. Der Betreuungsunterhalt werde aus Gründen des Kindeswohls gewährt.[16] Der Unterhaltspflichtige werde – so das Bundesverfassungsgericht weiter – vom Gesetz nicht um des anderen Elternteils willen, sondern wegen des Kindes in Anspruch genommen, damit dieses persönlich von einem Elternteil betreut werden könne.[17] Entgegen der bis dahin in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretenen Auffassung, wonach der Betreuungsunterhalt aus § 1570 BGB in seiner weiten Ausgestaltung in Form des seinerzeit geltenden Altersphasenmodells auch aus Gründen der nachehelichen Solidarität getragen wurde,[18] hat das Bundesverfassungsgericht damit hervorgehoben, dass dieser Anspruch dem Unterhaltsberechtigten allein wegen der Kindesbetreuung eingeräumt worden sei.[19]

[17] BVerfG FamRZ 2007, 965, 970; s. auch Hohmann-Dennhardt, FF 2007, 174, 179 f., 182.
[18] BGHZ 168, 245 = FamRZ 2006, 1362, 1364; s. auch die weiteren Nachweise in BVerfG FamRZ 2007, 965, 966.

b) Gesetzgeber

Der Gesetzgeber hat mit der zum Jahr 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsreform vor allem die Stärkung des Kindeswohls in den Vordergrund gestellt.[20] Er hat beim Betreuungsunterhalt zwischen kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 BGB) und eltern- bzw. ehebezogenen Gründen (§ 1570 Abs. 2 BGB) differenziert. Jenseits des Betreuungsunterhalts, der im Interesse des Kindes wegen seiner Betreuung geschuldet wird, sieht § 1570 Abs. 2 BGB der Gesetzesbegründung zufolge eine Möglichkeit vor, den Betreuungsunterhalt im Einzelfall zusätzlich aus Gründen zu verlängern, die ihre Rechtfertigung allein in der Ehe finden. Maßgeblich sei dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung. Die konkreten ehelichen Lebensverhältnisse und die nachwirkende eheliche Solidarität fänden hier ihren Niederschlag und könnten eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs über § 1570 Abs. 1 BGB hinaus rechtfertigen.[21]

Dass der Gesetzgeber hinsichtlich des Betreuungsunterhalts vor allem das Kindeswohl im Auge hatte, zeigt auch ein Blick auf § 1586a Abs. 1 BGB, wonach (nur) der Betreuungsunterhaltsanspruch gegen den früheren Ehegatten nach Auflösung der neuen Ehe wiederaufleben kann.[22]

[20] BT-Drucks 16/1830, S. 1.
[21] BT-Drucks 16/6980, S. 9.
[22] Vgl. BT-Drucks 16/1830, S. 22.

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