§ 155 FamFG sieht in speziellen Kindschaftsverfahren die Notwendigkeit vor, dass schnell entschieden wird. Die Verfahrensbeschleunigung ist ein wesentliches Element des neuen FamFG. Zurückzuführen ist diese Entscheidung des Gesetzgebers auf die Kritik des Bundesverfassungsgerichts und des EGMR an der Dauer der kindschaftsrechtlichen Verfahren, insbesondere an den Feststellungen von Heilmann zum kindlichen Zeitempfinden. Man hat dann Elemente des Cochemer Modells, was die Verfahrensbeschleunigung anbelangt, in den Gesetzestext hineingenommen, was grundsätzlich auch von mir begrüßt wird. Wir haben Beschleunigung im Übrigen ja auch in anderen Rechtsgebieten, z.B. beim Arbeitsgerichtsverfahren (Kündigungsschutzprozess) und auch neuerdings in Jugendstrafverfahren. Beschleunigung ist in einem grundsätzlich zögerlichen Apparat wie der Justiz nur schwer durchzusetzen (Richter: "Das haben wir immer schon gemacht, wenn es darauf ankommt, haben wir schnell reagiert", was natürlich nur die halbe Wahrheit ist).

Ein Monat ist die Maximalfrist.[4] Bei Kindeswohlgefährdung ist ein noch früherer Termin notwendig. Im Übrigen wird das Beschleunigungsgebot durch gesetzliche Regelungen wie §§ 157, 156 FamFG ergänzt.

Bei der Anwendung des Beschleunigungsgebots ist immer zu berücksichtigen, dass die Gestaltung des Verfahrens der Gefahr einer faktischen Präjudizierung Rechnung tragen muss. Alles was entschieden wird, trägt zur Verfestigung tatsächlicher Bindungs- und Beziehungsverhältnisse bei.

Beschleunigt sind folgende Kindschaftssachen durchzuführen:

der Aufenthalt des Kindes (§ 1631 Abs. 1, § 1671, § 1682 BGB),
das Umgangsrecht (§§ 16841686 BGB),
die Herausgabe des Kindes (§ 1632 Abs. 1 u. 4 BGB),
Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls (§§ 1666, 1666a, 1631b, 1667, 1696 Abs. 2 BGB).

Beschleunigung beim Umgangsrecht ist nur dann angesagt, wenn nach herrschender Auffassung Umgangsverweigerung erfolgt. Geht es nur um die Abänderung einer Umgangsvereinbarung mit geringerer Bedeutung z.B. Änderung des Zeitraums oder Erweiterung des Zeitraums um eine halbe Stunde oder um einen weiteren Tag in der Woche, z.B. Mittwoch nachmittags 3 Stunden, ist ein Anlass für ein beschleunigtes Verfahren nicht gegeben.[5]

Grundsätzlich stehe ich persönlich der Beschleunigung positiv gegenüber: Sie zwingt die Beteiligten in ein Verfahren hinein, was umgehend erledigt werden soll. Allerdings darf Beschleunigung auch kein Selbstzweck sein. Nach meinen Informationen, die sich im Wesentlichen auf die OLG-Bezirke Köln, Hamm und Düsseldorf beziehen und nach Rücksprache mit vielen Richtern und Anwälten, gibt es offenkundig ganz unterschiedliche Praktiken, wie man mit dem Beschleunigungsgebot umgeht. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, es hängt im Prinzip auch immer von den beteiligten Personen ab, wie engagiert ein derartiger Termin vorbereitet wird.

[4] Vgl. Salgo, FF 2010, 359.
[5] So auch Büte, FuR 2010, 597; Rüntz/Viefhues, FamRZ 2010, 1289.

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