Gründe: I. [1] Die Beteiligten haben am 28.9.2009 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind die beiden Töchter J und M hervorgegangen. Im Februar 2019 zog die Antragstellerin mit den Kindern aus dem ehelichen Einfamilienhaus aus. Seither leben die Beteiligten getrennt. Die eheliche Immobilie bewohnt nunmehr allein der Antragsgegner. Das Scheidungsverfahren ist seit dem 25.2.2020 rechtshängig. …

[2] Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auf Trennungsunterhalt [ab] Dezember 2019 sowie auf Kindesunterhalt für beide in Anspruch genommen. …

[3] Der Antragsgegner ist dem insgesamt entgegengetreten und hat geltend gemacht, … Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt stehe der Antragstellerin nicht zu. … Jedenfalls seien Trennungsunterhaltsansprüche verwirkt. Die Antragstellerin verunglimpfe ihn, den Antragsgegner, nämlich und habe Strafanzeigen gegen ihn erstattet. Ein Strafverfahren hätte Auswirkungen auf sein Arbeitsverhältnis. Auch beschimpfe sie ihn gegenüber Dritten und behaupte unwahre Tatsachen über ihn. Damit verletze sie die eheliche Solidarität.

[4] Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit dem angefochtenen Beschl. v. 22.2.2021 verpflichtet, an die Antragstellerin Trennungsunterhalt für Januar 2020 in Höhe von 1.564 EUR und für die Zeit ab Februar 2020 in Höhe monatlicher 1.687 EUR sowie Kindesunterhalt … zu zahlen. …

[5] Der Anspruch auf Trennungsunterhalt sei schließlich auch nicht verwirkt. Aus den zwischen den Beteiligten geführten Verfahren sei bekannt, dass der Antragsgegner die Antragstellerin und ihren Lebensgefährten, den Zeugen T, mit massiv beleidigenden und belästigenden Nachrichten überziehe, weshalb es ihr freistehe, Strafanzeige zu erstatten. Die eheliche Solidarität gebiete es nicht, sich beleidigen zu lassen, um nicht Unterhaltsansprüche zu verlieren.

[6] Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen das über den Mindestunterhalt für beide Töchter hinausgehende Unterhaltsbegehren. … Im Rahmen des Verwirkungseinwands sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin seit April 2019 mit dem Zeugen T zusammenlebe und mit diesem als Paar auftrete. …

[7] Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E und T.

II. [8] Das Rechtsmittel ist teilweise begründet.

[9] Die Ansprüche der Antragstellerin auf Trennungsunterhalt aus § 1361 Abs. 1 BGB und auf Kindesunterhalt für J und M aus §§ 1601, 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB stellen sich wie folgt dar (wird ausgeführt):

[10] 5. Dem Anspruch auf Trennungsunterhalt steht nicht der Einwand der Verwirkung gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579 BGB entgegen.

[11] a) Die seitens der Antragstellerin gegen den Antragsgegner erstatteten Strafanzeigen und die vorgetragenen Verunglimpfungen begründen keinen Verwirkungstatbestand, insbesondere kein schwerwiegendes vorsätzliches Vergehen i.S.d. § 1579 Nr. 3 BGB und kein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten i.S.d. § 1579 Nr. 7 BGB. Dass sich die Antragstellerin gegen die Nachstellungen des Antragsgegners auch mit strafrechtlichen Mitteln zur Wehr setzt, unterliegt als Wahrnehmung berechtigter Interessen nicht dem Verdikt des verwirkungsbegründenden Fehlverhaltens. Dass sich die Antragstellerin gegenüber Dritten negativ über den Antragsgegner äußert und ihm gegenüber Vorwürfe erhebt, ist angesichts der offensichtlichen Konflikthaftigkeit des Verhältnisses der Beteiligten ebenfalls nicht als verwirkungsrelevanter Verstoß gegen die eheliche Solidarität oder gar gegen Straftatbestände zu werten.

[12] b) Auch der Verwirkungstatbestand der verfestigten Lebensgemeinschaft i.S.d. § 1579 Nr. 2 BGB lässt sich nicht feststellen.

[13] aa) Eine verfestigte Lebensgemeinschaft i.S.d. § 1579 Nr. 2 BGB kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommen werden, wenn objektive Umstände wie ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit oder die Dauer der Verbindung den Schluss nahelegen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte sich endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst. Dabei geht es nicht um die Sanktionierung eines vorwerfbaren Fehlverhaltens des Unterhaltsberechtigten, sondern um die angemessene Erfassung objektiver Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen (vgl. BGH FamRZ 2011, 1854, Rn 20). Eine Verfestigung der außerehelichen Beziehung kommt nach einer Dauer von zwei bis drei Jahren in Betracht. Maßgeblich ist, ob es sich um ein Verhältnis handelt, das in seiner persönlichen und wirtschaftlichen Ausprägung einem eheähnlichen Verhältnis gleichkommt. Dies kann der Fall sein, wenn der gemeinsame Erwerb eines Grundstücks zur Schaffung einer gemeinsamen Lebensgrundlage in Angriff genommen worden ist (vgl. BGH FamRZ 2002, 810, 811 f.).

[14] bb) Danach ist derzeit noch nicht von einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Antragstellerin mit dem Zeugen T auszugehen.

[15] Zwar wird eine Lebensgemeinschaft der beiden auf der Grundlage der Erkläru...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge