Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof einmal mehr die Besonderheiten des Familienrechts und die unvermeidliche individuelle Betrachtungsweise familienrechtlicher Verfahren hervorgehoben. An seiner in verschiedenen Gebieten des Familienrechts vertretenen Grundlinie von einer einzelfallbezogenen Bewertung unter Berücksichtigung der Besonderheiten von familiären Hintergründen hält er auch in der hiesigen Fallkonstellation fest.

Zu entscheiden hatte der Bundesgerichtshof über die Frage, ob einem Kind Ansprüche gegen seinen Vater zustehen, weil dieser von einem Sparbuch, das auf den Namen des Kindes eingerichtet war, Abhebungen vorgenommen hatte.

Der Bundesgerichtshof setzt voraus, dass bei diesem Sachverhalt sowohl ein Anspruch des Kindes auf Herausgabe des an einen Nichtberechtigten Geleisteten aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 816 Abs. 2 BGB bestehen kann, als auch auf Schadensersatz nach § 1664 BGB wegen Verletzung der elterlichen Sorge (§ 1626 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB). Zu der dogmatischen Frage, ob § 1664 BGB selbst eine Anspruchsgrundlage darstellt oder ob der Anspruch sich gegebenenfalls aus § 1664 BGB i.V.m. § 280 BGB ergibt, verhält er sich nicht.

Weiter bestätigt der XII. Senat des Bundesgerichtshofs grundsätzlich die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, dass Kontoinhaber eines Sparkontos derjenige ist, der nach dem erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll. Hierfür entscheidend ist die Vereinbarung mit der Bank. Dabei lässt für sich genommen die Einrichtung des Kontos auf den Namen eines anderen noch nicht den Schluss auf einen Vertrag zugunsten Dritter zu. Entscheidend für die Kontoinhaberschaft sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalls, die durch Auslegung zu ermitteln sind. Der Bundesgerichthof führt dafür im Einklang mit Rechtsprechung und Literatur die maßgeblichen Umstände und Kriterien an: Die im Sparbuch vorgenommene Eintragung zur Kontoinhaberschaft, der Kontoeröffnungsantrag, die Besitzverhältnisse am Sparbuch, die Fragen, inwieweit sich der die Kontoeröffnung für einen anderen Beantragende die Verfügungsbefugnis über das Konto vorbehält, mit welchen Mitteln das Guthaben angespart werden soll und ob und wann demjenigen, auf dessen Namen das Konto angelegt wird, die Existenz des Sparbuchs mitgeteilt wird. Dabei ist der Katalog nicht abschließend. Auch weitere der Kontoeröffnung zeitlich nachfolgende Verhaltensweisen erlauben Rückschlüsse auf den maßgeblichen Willen bei Vertragsschluss.

Anlässlich der Überlegungen zur Kontoinhaberschaft zieht der Bundesgerichtshof auch die gefestigte höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung heran, dass aus dem Umstand, dass ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben, typischerweise zu schließen ist, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben – gegebenenfalls bis zu seinem Tod – vorbehalten will. Argumente hierfür sind, dass dem im Sparbuch Benannten faktisch die Möglichkeit genommen ist, über das Sparguthaben zu verfügen (§ 808 Abs. 2 Satz 1 BGB) und dass der Besitzer durch Vorlage des Sparbuchs Auszahlung an sich selbst erreichen kann (§ 808 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bislang war umstritten, ob diese für das Verhältnis zwischen Großeltern und Enkeln entwickelte (ursprünglich an die Beziehung zwischen Eltern und Kind anknüpfende) "typisierende" Rechtsprechung direkt auf das Innenverhältnis zwischen Eltern und Kindern übertragbar ist. Der Bundesgerichthof positioniert sich und differenziert dahingehend, dass dem Besitz am Sparbuch im Eltern-Kind-Verhältnis zwar auch eine gewisse Indizwirkung wie im Verhältnis zwischen nahen Verwandten zukommt, aber "keine ebenso starke".

Auch in dem zur Entscheidung anstehenden Fall benennt der Bundesgerichtshof die für die Frage der Kontoinhaberschaft maßgeblichen Abwägungskriterien. Dem Besitz kommt – wie zuvor begründet – eine "abgemilderte" Indizwirkung zu. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Eltern die Einzahlung eigener Mittel auf ein auf den Namen des minderjährigen Kindes lautendes Sparkonto häufig noch nicht als abschließenden Vermögensübertragungsakt einstufen, zumal sie derartige Mittel nicht selten auch als Reserve für finanzielle Engpässe ansehen. Zudem kann der Besitz der Eltern Ausfluss ihrer elterlichen Sorge sein, im Rahmen derer es ihnen obliegt, einem Verlust des Sparbuchs (gerade bei Kindern im Grundschulalter) durch geeignete Maßnahmen vorzubeugen.

Den wesentlichen Kern der Entscheidung bilden die Ausführungen zu dem Beurteilungsmaßstab für die Frage, ob an die Eltern als Nichtberechtigte i.S.d. § 816 Abs. 2 BGB geleistet wurde beziehungsweise ob den Eltern eine schadensersatzauslösende Pflichtverletzung bei der Ausübung der elterlichen Sorge im Bereich der Vermögenssorge vorzuwerfen ist. Dafür richtet der Bundesgerichtshof sein Augenmerk mit überzeugenden Argumenten auf den konkreten Einzelfall und die Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwisch...

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