Nach der Neuregelung besteht die Auskunftsverpflichtung "nicht, wenn und solange die Erteilung der Auskunft für die Mutter des Kindes unzumutbar wäre." Mit dieser Einschränkung des Auskunftsanspruchs, die im Einzelfall auch nur zeitlich vorübergehend bestehen kann, soll das Persönlichkeitsrecht der Mutter geschützt werden, wie dies das BVerfG für Tatsachen über intimste Vorgänge des Privatlebens gefordert hat. Die geplante Formulierung führt für eine Ausnahme von der im Grundsatz bestehenden Auskunftspflicht selbst keine Aspekte auf, die im Rahmen der Unzumutbarkeit einzubeziehen sind. Da die Gesetzesbegründung diese Problematik relativ ausführlich behandelt,[25] erscheint eine größere gesetzliche Regelungsdichte verfassungsrechtlich nicht geboten,[26] zumal die offene Gesetzesfassung gewährleisten soll, den Umständen des jeweiligen Einzelfalls gerecht werden zu können. Unter diesen Gegebenheiten ist das Regel-Ausnahme-Verhältnis verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Unzumutbarkeit der Auskunftserteilung als Ausnahmetatbestand hat die Kindesmutter konkret bzw. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darzulegen, wobei die Umstände den Schluss rechtfertigen müssen, dass die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht zur Folge hätte. Nach der Gesetzesbegründung sowie der Entscheidung des BVerfG können folgende Aspekte bei der Interessenabwägung maßgeblich sein:[27]

das frühere Verhalten der Mutter und des Scheinvaters,
die Mutter des Kindes hat den Scheinvater zur Anerkennung der Vaterschaft oder zu einer Heirat aufgrund der Schwangerschaft vor der Geburt veranlasst,
die Mutter des Kindes hat Zweifel des Scheinvaters an der Abstammung des Kindes durch unzutreffende Angaben aktiv zerstreut,
etwaige Angaben der Kindesmutter, dass nur der Scheinvater als Vater in Betracht kommen könne,
die Kindesmutter hat den finanziellen Nachteil des Scheinvaters durch ihre intime Beziehung zu einem anderen Mann mit verursacht,
das Kind wurde erkennbar vor der Ehe gezeugt,
die "Qualität der Beziehung" zwischen der Kindesmutter und dem Scheinvater (z.B. als lockere Beziehung oder als on-/off- Beziehung),
der Scheinvater hat die Vaterschaft in Kenntnis eines Mehrverkehrs anerkannt,
der Scheinvater hat in sonstiger Weise zu erkennen gegeben, dass er die Vaterschaft trotz des Mehrverkehrs annehmen und aufrechterhalten will,
die Mutter würde sich durch die Benennung einer bestimmten Person selbst der Strafverfolgung aussetzen (z.B. im Fall des Beischlafs zwischen Verwandten nach § 173 StGB),
in der Person des potentiellen biologischen Vaters sind Merkmale gegeben, die eine Benennung unzumutbar erscheinen lassen (z.B. im Fall der Vergewaltigung durch Familienangehörige).

Den bisherigen Entscheidungen des BGH lassen sich kaum konkrete Tatsachen entnehmen, die im jeweiligen Verfahren von den Beteiligten dafür angeführt wurden, dass es der Mutter des Kindes zumutbar war, den Mann oder die Männer zu benennen. Die Abwägung wurde zwar ausführlich aufgrund allgemein gültiger Aspekte getroffen. Eine auf die individuelle Situation der Kindesmutter bezogene Beurteilung vermisst man hingegen.

Im Rahmen der Abwägung ist vorrangig dem Stellenwert, der dem Persönlichkeitsrecht und dem Schutz der Privat- bzw. Intimsphäre der Kindesmutter nach der Rechtsprechung des BVerfG zukommt, Rechnung zu tragen. Denn die Preisgabe einer geschlechtlichen Beziehung zu einem bestimmten Mann oder zu mehreren bestimmten Männern stellt für die betroffene Frau einen schwerwiegenden Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht dar. Die Benennung eines Partners kann von noch größerer Brisanz sein als die durch das vorangegangene Vaterschaftsanfechtungsverfahren offenkundige Tatsache einer weiteren intimen Beziehung selbst, mit der allein ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht nicht gerechtfertigt werden kann.[28]

Bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit wird allerdings in stärkerem Maße, als dies bisher in der Diskussion geschehen ist, der Verursachungsbeitrag der Kindesmutter zu würdigen sein, wie dies auch in der Gesetzesbegründung betont wird. Denn in dem Drei-Personenverhältnis zwischen dem Kind, dessen Mutter und dem früheren rechtlichen Vater hatte allein die Mutter zum Zeitpunkt der Begründung der rechtlichen Elternschaft bzw. der Geburt des Kindes die Möglichkeit einer Fehlvorstellung des Scheinvaters, er sei der biologische Vater des Kindes, entgegenzuwirken. Nur sie hatte die Möglichkeit, den früheren rechtlichen Vater auf die mögliche Vaterschaft eines anderen Mannes hinzuweisen, wenn der Scheinvater nicht selbst konkrete Hinweise oder zumindest eine Vermutung dahingehend hatte, die ihn von der Begründung der rechtlichen Vaterschaft hätten abhalten können, ohne dass hierzu die Schwelle eines Anfangsverdachts zur Einleitung eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens erreicht sein müsste. Das Verhalten der Kindesmutter bzw. ihr Unterlassen hatte zumindest maßgeblichen E...

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