Voraussetzung für eine Zurückweisung des Beteiligtenvorbringens nach einem durch den Beteiligten versäumten Termin und infolgedessen unterbliebener persönlicher Anhörung ist, dass das Beteiligtenvorbringen aufgrund grober Nachlässigkeit nicht rechtzeitig, also verspätet, erfolgt und seine Zulassung das Verfahren verzögern würde.

Verspätet ist das Vorbringen im Rahmen der Prüfung des § 115 S. 1 FamFG, wenn es unter Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht der Partei gemäß § 282 ZPO erfolgt.[11] Demnach ist das Vorbringen im Hinblick auf § 282 Abs. 1 ZPO rechtzeitig, wenn die Partei das Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der mündlichen Verhandlung so rechtzeitig vorbringt, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.[12] Auch nach Ablauf von gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 ZPO gesetzter Fristen erfolgender Vortrag ist verspätet.[13]

Das Verfahren muss bei Zulassung des verspäteten Vorbringens verzögert werden. Nach dem vorzugswürdigen absoluten Verzögerungsbegriff[14] kommt es für die Verzögerung allein darauf an, ob der Rechtsstreit bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung.

Die Verspätung muss auf grober Nachlässigkeit des Beteiligten beruhen. Grobe Nachlässigkeit ist dabei die besondere Sorglosigkeit durch Missachtung von Umständen, die jedem Verfahrensbeteiligten ohne Weiteres einleuchten müssen.[15] Ein etwaiges Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten wird dem Beteiligten in diesem Zusammenhang zugerechnet.[16]

Schließlich ist eine weitere Voraussetzung die Kausalität zwischen Verspätung und Verzögerung. Dabei muss die Verletzung der Verfahrensförderungspflicht die alleinige Ursache der Verzögerung sein. Anderenfalls – insbesondere bei Mitursächlichkeit von Fehlern des Gerichts oder Dritter – ist die Zurückweisung unstatthaft.[17]

[11] MüKo-FamFG/C. Fischer, § 115 Rn 8; Musielak/Borth/Borth/Grandel, § 115 Rn 5; Prütting/Helms/Helms, § 115 Rn 8; Kemper/Schreiber/Kemper, § 115 Rn 6; Saenger/Kemper, § 115 Rn 6.1; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, § 115 Rn 6; Zöller/Lorenz, § 115 FamFG Rn 3; BeckOK-FamFG/Weber, § 115 Rn 4; Keidel/Weber, § 115 Rn 4.
[12] OLG Köln NJW-RR 2011, 1447; MüKo-FamFG/C. Fischer, § 115 Rn 8; Musielak/Borth/Borth/Grandel, § 115 Rn 5; Prütting/Helms/Helms, § 115 Rn 8; Kemper/Schreiber/Kemper, § 115 Rn 6; Saenger/Kemper, § 115 Rn 6.1; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, § 115 Rn 6; Zöller/Lorenz, § 115 FamFG Rn 3; BeckOK-FamFG/Weber, § 115 Rn 4.
[13] Bahrenfuss/Blank, § 115 Rn 3; Haußleiter/Eickelmann, § 115 Rn 5; Prütting/Helms/Helms, § 115 Rn 8.
[14] Für den – herrschenden – absoluten Verzögerungsbegriff BGH NJW 2012, 2808; BGH NJW 1979, 1988; OLG Celle NJW 1979, 377; OLG Hamm NJW 1979, 824 (825); OLG Hamm NJW 1989, 895; OLG Stuttgart NJW 1984, 2538 (2539); OLG München NJW 1990, 1371; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 296 Rn 40; Prütting/Gehrlein/Deppenkemer, § 296 Rn 14; Musielak/Voit/Huber § 296 Rn 13; Thomas/Putzo/Reichold, § 296 Rn 14; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 68 II 1 Rn 31; Schellhammer, Rn 462; Wieczorek/Schütze/Weth, § 296 ZPO Rn 99  ff.; Weth, S. 207. Für den relativen Verzögerungsbegriff OLG Frankfurt a.M. NJW 1979, 375; OLG Frankfurt a.M. NJW 1979, 1715; OLG Hamburg NJW 1979, 1717; OLG Hamm NJW 1979, 1717; Fuhrmann, S. 75 ff.; Kallweit, S. 43 ff.
[15] BGH NJW 1997, 2244; BGH NJW 1983, 2030 (2031); OLG Hamm NJW 2014, 2966; Bahrenfuss/Blank, § 115 Rn 5; MüKo-FamFG/C. Fischer, § 115 Rn 11; Musielak/Borth/Borth/Grandel, § 115 Rn 7; Haußleiter/Eickelmann, § 115 Rn 12; Kemper/Schreiber/Kemper, § 115 Rn 8; Saenger/Kemper, § 115 Rn 8; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, § 115 Rn 10; Zöller/Lorenz, § 115 FamFG Rn 3; BeckO-FamFG/Weber, § 115 Rn 8; Keidel/Weber, § 115 Rn 7.
[16] OLG Celle FamRZ 2011, 1671 (1673); MüKo-FamFG/C. Fischer, § 115 Rn 11; Musielak/Borth/Borth/Grandel, § 115 Rn 7; Prütting/Helms/Helms, § 115 Rn 11; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, § 115 Rn 10; BeckOK-FamFG/Weber, § 115 Rn 8.
[17] Bahrenfuss/Blank, § 115 Rn 4; MüKo-FamFG/C. Fischer, § 115 Rn 9; Musielak/Borth/Borth/Grandel, § 115 Rn 6; Haußleiter/Eickelmann, § 115 Rn 9; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, § 115 Rn 9; Zöller/Lorenz, § 115 FamFG Rn 4; BeckOK-FamFG/Weber, § 115 Rn 5; Keidel/Weber, § 115 Rn 5.

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