Die Darstellung ehebedingter Nachteile erfordert – wie dargelegt (siehe oben III. 2. a) aa)) – das Nachzeichnen einer hypothetischen beruflichen Entwicklung. Wie wäre der berufliche Werdegang des Unterhaltsberechtigten ohne die Betreuung gemeinsamer Kinder, ohne die Haushaltsführung in der Ehe verlaufen? Welches Einkommen würde er erzielen? Bereits die Formulierung dieser Fragen zeigt die Unsicherheit, die mit den notwendigen fiktiven Überlegungen verbunden sind. Umso größer ist die Bedeutung der Darlegungs- und Beweislast. Das Unterhaltsverfahren ist als Familienstreitverfahren (§ 112 Nr. 1 FamFG) geprägt vom Beibringungsgrundsatz: Es sind die Beteiligten, die das Entscheidungserhebliche vortragen müssen. Nur die Tatsachen, die sie einbringen, berücksichtigt das Gericht. Wer muss nun also die ehebedingten Nachteile beibringen; darlegen, dass und welche Einbrüche die berufliche Entwicklung des unterhaltsbedürftigen Ehegatten durch die Ehe genommen hat? Die Rechtsprechung stellt zur Beantwortung dieser Frage erneut auf das schon dargelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis ab (siehe oben III. 2. d)). Die Regel ist der unbeschränkte Unterhalt, sodass die Ausnahme derjenige vortragen und beweisen muss, der sich darauf beruft, also der Unterhaltspflichtige.[70] Er hat die Tatsachen vorzutragen, die gegen das Vorhandensein ehebedingter Nachteile sprechen. Sache des Unterhaltsberechtigten ist es dann diejenigen Umstände darzulegen, die gegen eine Begrenzung oder Befristung des Anspruches oder auch für eine Verlängerung der Schonfrist sprechen. Er hat im Rahmen der ihm obliegenden sogenannten "sekundären Darlegungslast" das behauptete Nichtvorhandensein ehebedingter Nachteile zu bestreiten und substantiiert darzulegen, welche konkreten beruflichen Benachteiligungen eingetreten sind.[71] Der Berechtigte kann sich dabei auf übliche Verläufe wie tarifvertraglich festgelegte oder branchenübliche regelmäßige Gehaltssteigerungen oder Beförderungen berufen.[72] Behauptet er eine außergewöhnliche berufliche Entwicklung, eine Karriere, muss er im Einzelnen vortragen, durch welche Umstände diese eingetreten wäre, kann sich aber auf vergleichbare berufliche Entwicklungen berufen.[73]

Erfüllt der Berechtigte seine sekundäre Darlegungslast, ist es Sache des Pflichtigen, die aufgestellten Behauptungen zu widerlegen, also darzulegen, dass es gleichwohl an einem ehebedingten Nachteil fehlt. Dabei kommen auch ihm gewisse Erfahrungssätze zugute: Eine vollschichtige Tätigkeit in dem erlernten Beruf spricht ebenso gegen ehebedingte Nachteile wie ein Einkommen, das demjenigen entspricht, welches der bedürftige Ehegatte in seinem erlernten, aber aufgegebenen Beruf hätte erzielen können.[74] Verbleiben am Ende Zweifel am Vorhandensein ehebedingter Nachteile, gehen diese zulasten des Pflichtigen.

[71] BGH FamRZ 2012, 93, Rn 24; FamRZ 2012, 1483, Rn 40; FamRZ 2014, 1007, Rn 26.
[74] BGH FamRZ 2010, 2059. Rn 30; FamRZ 2009, 1990, Rn 18.

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