Ein pauschales Außerachtlassen dieses Interesses allein aufgrund des möglicherweise erfolgten Ehebruchs würde fast unweigerlich dazu führen, dass die Schuldfrage wieder in das Scheidungsfolgenrecht Einzug fände. Das Schuldprinzip im Scheidungsfolgenrecht wurde jedoch bereits 1976 mit Einführung des Zerrüttungsprinzips abgeschafft und sollte nicht durch die Hintertür wieder eingeführt werden. Im Übrigen dürfte ein pauschaler Ausschluss des erbweisen Übergangs des Ausgleichsanspruchs auf den neuen Ehegatten des Erblassers gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen, da der Erblasser und sein Ehegatte allein aufgrund ihres Eheschlusses benachteiligt würden. Eine solche Benachteiligung könnte dennoch unter Umständen hinnehmbar sein, wenn der neue Ehegatte der Grund für die Zerrüttung der Ehe war. Gleichwohl dem Scheidungsfolgenrecht eine Bestrafung der Ehegatten für ehewidriges Verhalten fremd ist, mutet eine regelrechte Belohnung des neuen Ehegatten für das Eingreifen in eine intakte Ehe zumindest seltsam an.

Dennoch erscheint ein ausnahmsloser Ausschluss des Anspruchsübergangs auf den die Trennung verschuldenden neuen Ehegatten des Erblassers nicht sachgerecht. Die Aufgabe des Schuldprinzips im Scheidungsfolgenrecht war nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass der Beweis der Schuld am Scheitern der Ehe kaum zu führen ist. Im Regelfall führt eine Verkettung von Umständen zur Zerrüttung der Ehe, sodass für die letztendliche Trennung nicht nur einzelne Verfehlungen gegen Ende der Ehe verantwortlich sind.[23] Es wird kaum sicher feststellbar sein, dass eine außerhalb der Ehe stehende Person deren Zerrüttung ausgelöst hat. Außerdem fehlen aufgrund der sehr individuellen Ausgestaltung der Ehegemeinschaft geregelte Maßstäbe dafür, was unter ehewidrigem Verhalten zu verstehen ist.[24] Im Regelfall ist daher ein Wegfall des Zugewinnausgleichsanspruchs im Falle des Todes des wiederverheirateten ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht geboten – auch dann nicht, wenn die neue Beziehung bereits während der Ehezeit bestand und der neue Partner auf den ersten Blick als Auslöser für die Trennung erscheint.

[23] Vgl. BT-Drucks 7/4361, 8–9.
[24] Vgl. BT-Drucks 7/4361, 9.

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