Der Verfahrenswert eines isolierten Verfahrens in einer Ehewohnungssache richtet sich nach § 48 Abs. 1 FamGKG. Im Gegensatz zum früheren Recht (§ 100 Abs. 3 KostO i.d.F. bis zum 31.8.2009), das sich für Anträge auf Überlassung am einjährigen Mietwert orientierte und bei Anträgen auf Nutzungsentschädigung am verlangten Betrag, sind seit dem 1.9.2009 in § 48 Abs. 1 FamGKG insoweit nur noch pauschale Regelwerte vorgesehen. Der Gesetzgeber wollte den bis dato regelmäßig auftretenden Streit über den Miet- bzw. Nutzungswert der Ehewohnung unterbinden.

In Verfahren nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (Ansprüche nach § 1361b BGB – Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung) ist von einem Regelwert in Höhe von 3.000,00 EUR auszugehen und in Verfahren nach § 200 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (Ansprüche nach § 1568a BGB – Überlassung der Ehewohnung oder Begründung eines Mietverhältnisses aus Anlass der Scheidung) in Höhe von 4.000,00 EUR.

Der Regelwert des § 48 Abs. 1, 1. Alt. FamGKG gilt dabei nicht nur für Anträge auf Überlassung der Ehewohnung, sondern auch für Anträge auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung aus Anlass der Trennung nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB. Die Vorschrift des § 35 FamGKG wird insoweit verdrängt.[1]

Ansprüche auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung fallen dagegen nicht unter § 48 Abs. 1 FamGKG, da es sich insoweit nicht um eine Ehewohnungssache handelt, sondern um eine sonstige Familienstreitsache i.S.d. § 266 FamFG (s.u. III.).

Soweit die vorstehenden Regelwerte des § 48 Abs. 1 FamGKG nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig erscheinen, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen (§ 48 Abs. 3 FamGKG). Ein solcher Fall ist z.B. gegeben, wenn es sich um ein vom Normalfall deutlich abweichendes, wesentlich höherwertiges Anwesen mit deutlich gehobenem Wohnwert handelt.[2]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel: Erhöhung des Regelwerts

Die Ehefrau verlangt die Überlassung eines höherwertigen Anwesens mit einer Grundstücksgröße von ca. 1.000 m² und einer Wohnfläche von ca. 250 m² und damit um eine vom Durchschnittsfall abweichende Immobilie mit deutlich gehobenem Wohnwert.

Der Regelwert in Höhe von 3.000,00 EUR nach § 48 Abs. 1, 1. Alt. FamGKG wäre in Anbetracht der besonderen Umstände unbillig. Daher ist er nach § 48 Abs. 3 FamGKG anzuheben. Angemessen ist nach OLG Köln[3] insoweit ein Aufschlag von 50 %, sodass sich ein Wert i.H.v. 4.500,00 EUR ergibt.

Sofern beide Eheleute die Überlassung der Ehewohnung im Wege von Antrag und Widerantrag geltend machen, wird nicht addiert, da derselbe Gegenstand zugrunde liegt (§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG). Es gilt nur der einfache Wert. Allerdings kommt insoweit gegebenenfalls eine Erhöhung des Regelwerts nach § 48 Abs. 3 FamGKG in Betracht.

Ebenso wenig wird addiert, wenn im selben Verfahren sowohl der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung geltend gemacht als auch der Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung, da derselbe Gegenstand zugrunde liegt. Es gilt auch dann nur der einfache Wert.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel: Antrag auf Überlassung der Wohnung und Antrag auf Nutzungsentschädigung

Während der Trennung beantragt die Ehefrau für die Zukunft die Überlassung der gemeinsamen Ehewohnung, die derzeit vom Ehemann bewohnt wird. Für die bisherige Nutzungszeit beantragt sie zudem die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.

Beide Anträge betreffen dieselbe Ehewohnungssache und damit denselben Gegenstand, sodass nur der einfache Wert von 3.000,00 EUR anzusetzen ist.

Gleiches gilt, wenn der eine Ehegatte die Überlassung verlangt und der andere im Wege des Hilfswiderantrags die Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Allerdings ist auch in diesem Fall eine Erhöhung des Regelwerts nach § 48 Abs. 3 FamGKG möglich.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel: Antrag auf Überlassung der Ehewohnung und Widerantrag auf Nutzungsentschädigung

Die Ehefrau beantragt die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung. Der Ehemann beantragt die Abweisung des Antrags, hilfsweise die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.

Antrag und Hilfswiderantrag betreffen dieselbe Ehewohnungssache und damit denselben Gegenstand, sodass nach § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG nur der höhere Wert gilt. Da beide Anträge denselben Gegenstand betreffen, ist auch dann – vorbehaltlich einer Anhebung nach § 48 Abs. 3 FamGKG – nur ein Wert von 3.000,00 EUR anzusetzen, wenn über den Hilfswiderantrag entschieden wird.

Werden in einem Verfahren sowohl Ansprüche für die Zeit der Trennung als auch aus Anlass der Scheidung geltend gemacht, sind die jeweiligen Werte dagegen zu addieren (§ 33 Abs. 1 FamGKG), da es sich um unterschiedliche Gegenstände handelt. Es gilt hier das Gleiche wie bei Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel: Antrag auf Überlassung der Ehewohnung nach Rechtkraft der Scheidung und Nutzungsentschädigung für die Zeit der Trennung

Der Ehemann beantragt die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung. Gleichzeitig verlangt er eine Nut...

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