Trifft ein Anspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB mit aus einer Ehe herrührenden Unterhaltsansprüchen der Mutter zusammen, stellt sich regelmäßig die – gesetzlich nicht geregelte – Frage, in welchem Verhältnis die verschiedenen Unterhaltsschuldner, also der Vater des nichtehelichen Kindes einerseits und der (geschiedene) Ehemann andererseits, für den Bedarf der Mutter haften.

Der BGH[1] hat am 21.1.1998 in einem Fall, in dem ein Unterhaltsanspruch der sowohl eheliche Kinder als auch ein nichteheliches Kind betreuenden Mutter nach § 1615l BGB mit einem Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB zusammentraf, entschieden, dass weder der Ehemann vor dem Vater des nichtehelichen Kindes haftet noch umgekehrt, sondern dass die Verantwortlichkeiten für den betreuungsbedingten Unterhaltsbedarf der Mutter zwischen den beiden Vätern in entsprechender Anwendung des von der Verweisung in § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB erfassten § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB (anteilige Haftung mehrerer gleichnaher Verwandter nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen) zu verteilen sind.[2] Dabei hat der BGH betont, dass wegen der nur entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift bei der Ermittlung der Haftungsquoten im Einzelfall nicht zwingend schematisch an die im Gesetz genannten Erwerbs- und Vermögensverhältnisse anzuknüpfen, sondern auch Raum für die Berücksichtigung anderer Umstände ist. Als solche hat er insbesondere Anzahl, Alter, Entwicklung und Betreuungsbedürftigkeit der jeweiligen Kinder hervorgehoben.[3] Dadurch kann das Gewicht der jeweiligen Verantwortung der Väter flexibel Eingang in die Festsetzung der Haftungsanteile finden, etwa dergestalt, dass der Vater des aufgrund seines Alters oder anderer individueller Umstände (z.B. Krankheit, Behinderung) in höherem Maße betreuungsbedürftigen Kindes stärker in Anspruch genommen wird als der Vater des weniger betreuungsbedürftigen Kindes.[4] Empfehlenswert ist es insofern, eine zweistufige Berechnung in der Weise vorzunehmen, dass zunächst die Haftungsanteile anhand der Leistungsfähigkeit ermittelt und sodann korrigierend die weiteren Umstände berücksichtigt werden.[5] Diese Grundsätze gelten gleichermaßen beim Zusammentreffen eines Anspruchs nach § 1615l BGB mit einem Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB).[6]

Am 17.11.2004 hat der BGH[7] darüber hinaus entschieden, dass der Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB gegen den Vater des nichtehelichen Kindes in analoger Anwendung des § 1586 Abs. 1 BGB erlischt, wenn die unterhaltsberechtigte Mutter einen anderen Mann heiratet. Denn wenn bei Wiederheirat der Unterhaltsberechtigten selbst der stärker ausgeprägte Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB nach § 1586 Abs. 1 BGB entfalle, müsse das aus Sicht des Unterhaltspflichtigen erst recht für den Anspruch aus § 1615l Abs. 2 BGB gelten.[8] Eine abweichende Beurteilung sei auch aus Sicht der unterhaltsberechtigten Mutter nicht geboten, weil diese mit der Heirat einen Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB erwerbe, der zum Erlöschen früherer Unterhaltsansprüche führe, ohne nach einzelnen Unterhaltstatbeständen zu differenzieren.[9]

Der hier zu besprechenden Entscheidung des Kammergerichts vom 8.10.2014 lag die in der Praxis eher selten anzutreffende Konstellation zugrunde, dass eine verheiratete Mutter zwar mit einem anderen Mann ein Kind bekommt, aber weiterhin mit ihrem Ehemann zusammenlebt. Zur Behandlung des sich daraus ergebenden Konkurrenzverhältnisses zwischen einem Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB und einem Anspruch auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB liegt bislang keine Entscheidung des BGH vor. Eine höchstrichterliche Klärung ist derzeit auch nicht absehbar, nachdem die gegen die Entscheidung des Kammergerichts zunächst eingelegte Rechtsbeschwerde zurückgenommen worden ist.

Das Kammergericht hat, das AG Tempelhof-Kreuzberg als Vorinstanz bestätigend, entschieden, dass der Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB weder durch den Anspruch auf Familienunterhalt gemäß §§ 1360, 1360a BGB verdrängt wird noch durch analoge Anwendung des § 1586 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist, vielmehr auch in dieser Konstellation die Grundsätze zur anteiligen Haftung der Unterhaltsschuldner entsprechend § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anzuwenden sind.

Diesem Ergebnis, dem auch zahlreiche Stimmen in der Literatur zuneigen,[10] ist zuzustimmen. Für eine anteilige Haftung spricht die Vergleichbarkeit des Familienunterhalts mit den Unterhaltsansprüchen bei Trennung und Scheidung.[11]

Soweit hingegen vereinzelt unter Berufung auf die Entscheidung des BGH vom 17.11.2004[12] vertreten wird, dass der Anspruch gemäß §§ 1360, 1360a BGB stets, also unabhängig davon, ob – wie in dem vom BGH entschiedenen Fall – die Mutter nach der Geburt des Kindes heiratet oder ob sie – wie in dem vom Kammergericht entschiedenen Fall – bereits vor der Geburt verheiratet ist und weiterhin mit ihrem Ehemann zusam...

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