… freue ich mich, wenn ich mir am frühen Nachmittag meinen Hund nehmen kann, um mit ihm in Ruhe spazieren zu gehen und mich etwas zu entspannen. Seit 1997, also seit Einführung der Fachanwaltschaft für Familienrecht, bearbeite ich ausschließlich familienrechtliche Mandate. Im Rahmen des familienrechtlichen Mandates, welches nach meinem persönlichen Dafürhalten von der Lebenswirklichkeit so geprägt ist, wie kaum ein anderes Fachgebiet, erlebt man so manches:

In einem Rechtsstreit um Volljährigen-Unterhalt stützt die Verfahrensbevollmächtigte des Kindesvaters ihre Rechtsauffassung auf zwei Entscheidungen in der FamRZ. Im Termin zur mündlichen Verhandlung fragt der Verfasser, wie sie denn den Sachverhalt in der erstzitierten Entscheidung auslegen würde. Ein verständnisloses "Wie" ist die Antwort. Der Richter wird befragt: Zitate schlage er nicht nach. Der Verfasser hatte nachgelesen und feststellt, dass die Entscheidung nicht ganz passt. Warum zitiert man dann?
Ein ostwestfälisches Amtsgericht stützt die Rechtsauffassung in einem Beschluss auf ein Zitat aus der 28. Auflage von Zöller, ZPO, aus dem Jahre 2010. Da antiquarisch, ist ein Nachlesen nicht möglich.
Ein ostwestfälisches Amtsgericht teilte im Termin zur mündlichen Verhandlung mit, es werde – unter Vorzeigen der Zeitschrift – seine Entscheidung auf OLG Celle in FamRZ 2013 … stützen. Der Verfasser liest nach und teilt mit, die Entscheidung passe sowohl vom Sachverhalt nicht, wie auch von den Entscheidungsgründen. Die Entscheidung wird dann auf eine Fundstelle im Palandt gestützt.
Hinsichtlich der Frage, wie bei einer alleinigen Verfügung über ein gemeinsames Konto ohne Wissen des anderen Ehepartners vor Trennung zu verfahren ist, fügt der Verfasser seinem Schriftsatz 30 kopierte Seiten aus dem neuesten "Wever" bei. Die Entscheidung wird verkündet, leider negativ für die von dem Verfasser vertretene Partei. Der Entscheidung beigefügt ist ein "Vermerk", wonach der Schriftsatz des Verfassers, der gut sechs Wochen vor der Entscheidung zu den Gerichtsakten gereicht wurde, dem erkennenden Gericht leider erst zwei Stunden nach Verkündung der Entscheidung vorgelegt wurde.
Die Berichterstatterin eines Senats legt eine Unterhaltsberechnung vor nach "Excel", welches nicht identisch ist mit dem Programm "judex non calculat 2.0". Die Beitragssätze und die gesetzliche Norm für die Beitragsbemessungsgrenze sind in dem verkündeten Beschluss nicht berücksichtigt, weil wohl unbekannt. Es bleibt allein § 321a ZPO.
Das Gericht schätzt den Wohnwert eines Hausgrundstückes nach erfolgter Augenscheinseinnahme (Vorbeifahren mit dem Pkw an einem Sonntagnachmittag) gemäß § 286 ZPO.
Der Kollege faxt die erbetenen Auskünfte bezüglich freiberuflicher Tätigkeit des Ehemannes der letzten drei Kalenderjahre "vorab per Fax". Die Anlagen lagen selbstverständlich nicht bei. Zwei Tage später bringt DHL das entsprechende Paket.
Der Richterin fällt dienstagnachmittags auf, dass sie am Mittwoch eine Fortbildung hat. Für Mittwoch hat sie aber schon 10 Termine anberaumt. Sie legt dienstagnachmittags einen handschriftlichen Vermerk mit der Bitte um Abladung auf den Drehstuhl einer Mitarbeiterin in ihrer Geschäftsstelle ab. Die Mitarbeiterin ist bereits seit zwei Wochen krank. Der Zettel wird durch Zufall am späten Mittwochvormittag gefunden.
In einem Verfahren bzgl. Aufenthaltsbestimmungsrechts teilt die Jugendamtsmitarbeiterin mit, das Kind brauche dringend den Kontakt zum Kindesvater, sonst würde es seelischen Schaden leiden. Auf die Frage des Verfassers, wann sie das letzte Mal mit dem Kind gesprochen habe: Dies war vor 14 Monaten.
Die Verfahrensbeiständin wird in dem Termin zur mündlichen Verhandlung nach Erstattung ihres Berichtes bzgl. Aufenthaltsbestimmungsrechts gefragt, was der Kindesvater denn jetzt beruflich mache. Ob sie auch wisse, wo er wohne. Sie nehme an, "da, wo bisher". Der Kindesvater war bereits vier Monate vorher umgezogen und auch woanders beruflich tätig.
Die Kindesmutter "entführt" das Kind von Norddeutschland nach Süddeutschland aufgrund der Gewalttätigkeit des Kindesvaters. Das Aufenthaltsbestimmungsrechtsverfahren läuft an dem Wohnsitz des Kindesvaters. Das Gericht wundert sich, warum das für die Kindesmutter zuständige Jugendamt keinen Bericht abliefert und sich nicht meldet. Es stellt sich heraus, dass das dortige Jugendamt von dem Familiengericht gar nicht über das hiesige Verfahren informiert wurde.
In einem gerichtlichen Verfahren bezüglich der Auseinandersetzung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft führt der Verfasser eine BGH-Entscheidung aus der FamRZ an und zitiert daraus unter Angabe der Fundstelle. Das Landgericht Detmold zitiert bei der – stattgebenden – Entscheidung den BGH aus der NJW. Die Entscheidung ist identisch.
Der Verfasser kennt die Richterin. Er kopiert den Palandt, markert die Fundstelle und fügt sie seinem Schriftsatz bei. Es wird anders entschieden. Das zuständige OLG hebt dann antragsgemäß auf unter Bezugnahme auf die...

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