Um diese Wertsteigerung aus der Zugewinnausgleichsberechnung herauszunehmen, wurden nach mittlerweile veralteter Rechtsprechung Nießbrauchsrechte etc. bei der Bewertung des übertragenen Vermögenswertes sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen gar nicht berücksichtigt. Die Immobilie wurde in die Bestandsverzeichnisse eingestellt, als sei sie nicht durch eine Dienstbarkeit belastet.[31]

Diese Vorgehensweise hatte den Vorteil, ohne komplizierte Berechnungen zu einem annähernd akzeptablen Ergebnis zu gelangen. Dennoch gab sie Anlass zu Kritik: Zum einen soll diese Berechnungsmethode zu Verzerrungen führen, wenn unter Berücksichtigung der Belastung das Anfangs- oder Endvermögen negativ wäre.[32] Auch kann die Belastung einer Immobilie faktisch zu deren Unverkäuflichkeit führen, wenn sich kein Käufer findet, der bereit ist, die Dienstbarkeit zu übernehmen – ganz abgesehen von den Fällen, in denen für den Fall einer Veräußerung der Immobilie im Übertragungsvertrag ein Rückforderungsrecht des Übergebers vorbehalten wurde. Lässt man die Belastung bei der Ermittlung des Anfangs- und Endvermögens vollständig außen vor, soll in solchen Fällen dem Ehegatten ein Vermögenswert zugerechnet werden, den er u.U. tatsächlich gar nicht realisieren kann.[33] Zudem führte das vollständige Außerachtlassen der Belastung dazu, dass nicht nur der Wertzuwachs, der auf die allgemeine Wertsteigerung der Immobilie entfällt, beispielsweise durch Sanierungsmaßnahmen oder steigende Preise auf dem Immobilienmarkt, in den Zugewinnausgleich fällt, sondern auch solcher, der aufgrund der steigenden Verkehrsfähigkeit des Grundstücks korrespondierend mit der sinkenden Lebenserwartung des Berechtigten eingetreten ist. Diese Wertsteigerung aber soll gerade nicht dem Zugewinnausgleich unterliegen.[34] Wenn die Belastung durch die Dienstbarkeit vollständig unberücksichtigt bleibt, wird der Erwerber so behandelt, als wäre der Wertzuwachs durch das Absinken des Wertes der Dienstbarkeit erst zum Ehezeitende eingetreten – es bleibt also außer Betracht, dass ihm das Vermögen bereits zuvor nach und nach zugewachsen ist. Hierin liegt ein Widerspruch zu den Bewertungsbestimmungen des § 1376 Abs. 1 BGB.[35]

Dieser Kritik hat sich der BGH nicht länger verschlossen, er hat seine Berechnungsweise geändert. Geblieben ist das Prinzip, wonach die Wertsteigerung der Immobilie aufgrund des sinkenden Wertes der Dienstbarkeit nicht dem Zugewinnausgleich unterliegen soll.[36]

[31] Vgl. z.B. OLG Koblenz FamRZ 1983, 166, 168; BGH FamRZ 1990, 603, 604; BGH FamRZ 1990, 1217.
[32] BeckOK/Mayer, Stand 1.8.2010, § 1374 BGB Nr. 15 (hier ist auch § 1378 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen).
[33] Kogel, Strategien beim Zugewinnausgleich, 3. Aufl. 2009, Rn 683 mit Hinweis auf BGH FamRZ 2007, 978.
[34] MüKo/Koch, 5. Aufl. 2010, § 1374 Rn 23.
[36] Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 1374 Rn 27; Staudinger/Thiele, BGB, 2007, § 1374 Rn 29; Münch, DNotZ 2007, 795, 798; Hauß, FPR 2009, 286, 289; BGH FamRZ 2007, 978, 981.

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