1. Bei der Frage, ob ehebedingte Nachteile i.S.d. § 1578b Abs. 1 BGB vorliegen, ist der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen der Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (im Anschluss an BGH, Urt. v. 16.4.2009 – XII ZR 107/06, FamRZ 2008, 1325, und v. 25.6.2008 – XII ZR 109/07, FamRZ 2008, 1508). Das gilt nicht, wenn die vom Unterhaltsberechtigten auf Grund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei seiner Altersvorsorge durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig erfasst wird, weil der Unterhaltspflichtige nur für einen geringen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat (BGH, Urt. v. 4.8.2010 – XII ZR 7/09, FamRZ 2010,1633 m. Anm. Borth, S. 1636 = FuR 2010, 634 [Soyka]).
  2. Auch im Rahmen des Altersunterhalts bestimmt sich der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auf die konkrete Lebenssituation abzustellen. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (BGH, Urt. v. 4.8.2010 – XII ZR 7/09, FamRZ 2010, 1633 m. Anm. Borth, S. 1636, im Anschluss an BGH, Urt. v. 17.2.2010 – XII ZR 140/08, FamRZ 2010, 629 = FuR 2010, 634 [Soyka] = FamRB 2010, 331 [Kühner] ).
  3. Die Berechnung des nachehelichen Unterhalts nach einer Quote des vorhandenen Einkommens beruht auf der Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wird. Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen, bei denen die Vermutung nahe liegt, dass nicht sämtliche Einnahmen für den Lebensunterhalt verbraucht werden, sondern ein Teil von ihnen auch der Vermögensbildung zufließt, ist ein höherer Bedarf konkret zu begründen. Altersvorsorgeunterhalt ist in Fällen besonders günstiger wirtschaftlicher Verhältnisse zusätzlich zu dem vollen Elementarunterhalt zu gewähren, sofern dies nicht zu einer Besserstellung des Unterhaltsberechtigten gegenüber den Verhältnissen in der Ehe führt. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB gewinnt eine längere Ehedauer durch eine wirtschaftliche Verflechtung, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit eintritt, besonderes Gewicht (BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 102/09, FamRZ 2010, 1637 = FuR 2010, 630 [Soyka] = FamRB 2010, 329 [Kieninger]).
  4. Bei der Billigkeitsprüfung nach § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB ist vorrangig zu berücksichtigen, ob ehebedingte Nachteile eingetreten sind, die schon deswegen regelmäßig einer Befristung des nachehelichen Unterhalts entgegenstehen, weil der Unterhaltsberechtigte dann seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht selbst erzielen kann. Ob bei fehlenden ehebedingten Nachteilen eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den angemessenen Lebensbedarf (§ 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB) in Betracht kommt, ist gem. § 1578b BGB im Wege einer umfassenden Billigkeitsabwägung zu bestimmen, die dem Tatrichter obliegt. Dabei ist auch eine über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurt. v. 17.2.2010 – XII ZR 140/08, FamRZ 2010, 629). Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (BGH, Urt. v. 6.10.2010 – XII ZR 202/08).
  5. Das Verschweigen auch geringer und zeitlich befristeter Einkünfte trotz gezielter Nachfrage des unterhaltspflichtigen Ehegatten erfüllt den Tatbestand der Verwirkung (OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.7.2010 – II-8-UF 14/10, FamRB 2010, 332 [Brielmaier]).

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