Bisher bezog sich ein Zuwendungsverzicht gem. § 2352 BGB nicht auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden.[23] Die Folge war, dass die Abkömmlinge des Verzichtenden an seine Stelle traten, so dass die intendierte Rechtsfolge, insbesondere bei erbvertraglicher oder Bindung durch ein gemeinschaftliches Testament, die Testierfreiheit des Erblassers durch den Zuwendungsverzicht zurückzugewinnen, nicht eintrat. Der Zuwendungsverzichtsvertrag wurde damit zu einem "zwecklosen Instrumentarium".[24] Um zumindest eine Doppelbegünstigung des Stammes zu vermeiden, wenn für den Zuwendungsverzicht eine Abfindung gezahlt wurde, arbeitete die h.M. mit einer ergänzenden Auslegung im Einzelfall;[25] es entstand eine "diffuse Rechtslage".[26] § 2352 S. 3 BGB n.F. verweist auf § 2349 BGB, sodass sich ein Zuwendungsverzicht künftig – vorbehaltlich anderweitiger Anordnung im Verzichtsvertrag – auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden erstreckt und zwar unabhängig davon, ob eine Abfindung gezahlt wurde oder nicht.[27] Die Kautelarpraxis wird künftig diese neuen Gestaltungsmöglichkeiten im Auge behalten müssen. Problematisch bleiben die Fälle, in denen die Ersatzerben bindend eingesetzt worden waren. Hier wird auch der Verweis auf § 2349 BGB in § 2352 S. 3 BGB die Bindungswirkung gegenüber dem vorverstorbenen Ehegatten beim Berliner Testament oder gegenüber dem Vertragspartner beim Erbvertrag[28] nicht beseitigen können.[29] Beim Erbvertrag sind darüber hinaus die Sonderregelungen der §§ 2352 S. 2, 2290 ff. BGB zu beachten.

[23] OLG Frankfurt a.M. Rpfleger 1997, 309; BayObLG NRW-RR 1997, 1027; dass., Rpfleger 1984, 65; OLG Köln FamRZ 1990, 99; AnwK-BGB/Beck/Ullrich, § 2352 BGB, Rn 13; KK-Erbrecht/Tschichoflos, § 2352 BGB, Rn 21; Palandt/Edenhofer, § 2352 BGB, Rn 6; MünchKomm/Strobel, § 2352 BGB, Rn 14; Soergel/Damrau, § 2349 BGB, Rn 2. Hiervon geht auch die Gesetzesbegründung in BT-Drucks 16/8954 vom 24.4.2008, S. 25 aus; a.A. nach altem Recht zu Recht bereits de lege lata: Staudinger/Schotten, BGB, 13. Bearb., § 2352 BGB, Rn 31 ff., 38 ff., 51; Schotten, ZEV 1997, 1, 4; Mayer, ZEV 1995, 41, 45; 1996, 127, 131; Lange/Kuchinke, ErbR, 4. Aufl., § 7 III 2 b) und c) BGB.
[24] J. Mayer, ZEV 1996, 127; Schotten, ZEV 1997, 1.
[25] Hierzu AnwKomm/Beck/Ullrich, 2. Aufl., § 2352 BGB, Rn 13 ff.; Bamberger/Roth/J. Mayer, § 2352 BGB, Rn 21 ff.; Staudinger/Schotten, § 2351 BGB, Rn 32.
[26] J. Mayer, ZEV 1996, 127.
[27] BT-Drucks 16/8954, S. 26.
[28] Eine Bindungswirkung tritt nach neuerer Rechtsprechung allerdings nur für den Fall der ausdrücklichen oder stillschweigenden Ersatzerbenberufung durch den Erblasser ein, da sich eine Wechselbezüglichkeit und die damit einhergehende Bindungswirkung nach zutreffender Ansicht des BGH nicht aus einer kumulativen Anwendung der §§ 2069 und 2270 Abs. 2 BGB ergeben kann; BGH ZEV 2002, 150.
[29] Lindner, Bayrischer Anwaltbrief 11/2009; Herzog/Lindner/Herzog, Die Erbrechtsreform 2010, Rn 572; Schaal/Grigas, BWNotZ 2008, 2, 24.

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