a) Teilweise,[11] sieht man in der BGH-Entscheidung vom 12.4.2006 die erstmalige Feststellung einer quasi versteckten Rechtslage, die schon seit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz von 1986 – oder jedenfalls seit Einführung der Surrogatsrechtsprechung im Juni 2001 – bestanden hat. Bei unverändertem Sachverhalt bedeutet dies für den Beispielsfall: Abänderung unzulässig wegen Präklusion.

b) Diese Auffassung erscheint jedoch nicht zutreffend: Bis Juni 2001 hatte § 1573 Abs. 5 BGB a.F. nach einhelliger Ansicht ein "Schattendasein geführt". Und noch im Juni 2004 – immerhin drei Jahre nach Einführung der Surrogatsrechtsprechung – bestätigte BGH FamRZ 2004, 1357 die bisherige Linie der Instanzgerichte: Hier hatte er noch erklärt,

1) dass die Einführung der Surrogatsrechtsprechung (jedenfalls für den Unterhaltspflichtigen) keineswegs einer zur Abänderung berechtigenden "wesentlichen Veränderung der Verhältnisse" i.S.d. § 323 Abs. 2 ZPO bzw. § 313 BGB gleichkomme, und

2) gegen eine zeitliche Befristung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 außerdem spreche, "dass die Beklagte mit der Tochter N nicht nur vorübergehend ein gemeinsames Kind allein oder überwiegend betreut habe. Das hielte den Angriffen der Revision stand" (obwohl es sich im konkreten Fall nur um ein Kind handelte.[12])

Richtigerweise handelt es sich daher bei der BGH-Entscheidung vom 12.4.2006 um eine zur Abänderung berechtigende "Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung"[13] so dass es für die Frage der Präklusion auf den späteren Stichtag 12.4.2006 ankommt.[14] Zwar bleibt dann noch "entscheidend darauf abzustellen",[15] ob im konkreten Fall schon vor dem 12.4.2006 irreparabel Präklusion eingetreten ist. Aber bei der hier behandelten Fallkonstellation – Beschränkung des Geschiedenenunterhalts unterblieb mit Blick auf vormalige Kindesbetreuung, ohne dass die Frage nach den "ehebedingten Nachteilen" geprüft wurde, weil man die BGH-Entscheidung vom 12.4.2006 nicht vorausgesehen hat – erscheint eine Präklusion, insbesondere dann, wenn es sich um mehrere Kinder handelte, aus o.g. Gründen nicht vertretbar.

[11] Borth, FamRZ 2006, 813, 821; OLG Oldenburg FamRZ 2006, 1842; wohl auch Ehinger, FamRB 2008, 212 f., 218; Rasch, FPR 2008, 15 (17); vermittelnd: Menne, FamRB 2008, 180 (183).
[12] Hier hatte der BGH die Präklusion bestätigt, obwohl der geschiedenen Frau im Zeitpunkt des Vergleichs "neben der mehr als halbschichtigen Tätigkeit noch ein Anspruch aus § 1570 zu(stand)" und Betreuungsunterhalt vor der Reform eigentlich gar nicht beschränk- oder befristbar war.
[13] I.S.v. BGH FamRZ 2001, 1687, 1690 (für Vergleiche) bzw. BGH FamRZ 2003, 848, 851 (für Urteile).
[14] Dose, FamRZ 2007, 1289 (1296); OLG Dresden v. 4.7.2008 – 20 WF 574/08 (n. n. veröffentl.).
[15] So Dose a.a.O.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge