Das geltende Familienrecht hat sämtlichen Paarbeziehungen nunmehr die Ehe zur Verfügung gestellt, sodass deren Inanspruchnahme hiernach jedenfalls vom Allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt ist. Eingriffe in den Bestand oder Inhalt sind hieran zu messen und müssen sich insoweit als verhältnismäßig erweisen. Die Verhältnismäßigkeit verweist mit Eignung und Erforderlichkeit nicht zuletzt unmittelbar auf tatsächliche Kontexte,[138] die wiederum in der Angemessenheitsprüfung zu relationieren sind. Obgleich hierüber methodische Unsicherheiten bestehen, gehören zu den tatsächlichen Kontexten auch dominante gesellschaftliche Wertungen, weil aus diesen oftmals überhaupt erst plausible Gründe für einen spezifischen Regelungsbedarf zu gewinnen sind. Gerade gesellschaftliche Wertungen, die der Gesetzgeber selbst aufgegriffen hat, sind hierbei einzubeziehen.[139] Der Gesetzgeber hat das Institut der Ehe gleichgeschlechtlichen Paaren geöffnet und diesen damit eine Option rechtlich-institutionell umhegter Persönlichkeitsentfaltung zur Verfügung gestellt, die sowohl aus der Perspektive der individuellen Freiheitsentfaltung als auch der gesellschaftlichen Wahrnehmung bzw. rechtlichen Anerkennung eine vollwertige Ehe ist, in der im sozialen Miteinander keine andere Beziehung gelebt wird wie zwischen verschiedengeschlechtlichen Ehegatten. Aufgrund der hieraus folgenden sachlichen Nähe des – kontextbezogen mit unterschiedlicher Determinationsdichte verbundenen[140] – Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zum Besonderen Persönlichkeitsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG[141] dürften im Rahmen typischer Verhältnismäßigkeitsprüfungen (paradigmatisch: Aufenthaltsrecht) keine substanziellen Unterschiede bestehen.

[138] Fn 93.
[139] So für die Entscheidung, mit dem LPartG ein besonderes familienrechtliches Institut für gleichgeschlechtliche Paare einzuführen, Britz, Jura 2015, 319 (325).
[140] Vgl. Jarass, in: ders./Pieroth (Hrsg.), GG, 14. Aufl. 2016, Art. 2 Rn 62 ff.
[141] Das BVerfG ist jedenfalls – obgleich nicht immer dogmatisch kohärent – immer wieder dazu übergegangen, das grundrechtliche Rechtfertigungsniveau grundrechtsübergreifend an vergleichbaren Schutzbedürfnissen auszurichten. Vorliegend besonders relevant wäre die Annäherung der Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG an Art. 3 Abs. 3 GG in Bezug auf die sexuelle Orientierung/geschlechtliche Identität: BVerfGE 124, 199 (220); 126, 400 (419); 131, 239 (256); 133, 377 (408). Ein weiteres Beispiel wären die formalen und materiellen Anforderungen an intensive heimliche Ermittlungseingriffe: BVerfGE 141, 220 (267 ff.); insbesondere der über Art. 13, 104 GG hinaus erweiterte Richtervorbehalt: BVerfGE 120, 274 (331); 141, 220 (275, 301 f.).

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