Eine kritische Betrachtung zur Gesetzesänderung!

"Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so wird auf Antrag die Einkommenssteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird."

Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.“

Dies legten die Finanzämter zunächst so aus, dass nur Verfahrens- bzw. Prozesskosten für die eigentliche Ehescheidung und den Versorgungsausgleich als außergewöhnliche Belastungen anerkannt wurden. Dagegen wehrte sich ein Steuerpflichtiger und stritt bis zum BFH. Der BFH entschied dann mit Urteil vom 12.5.2011[1], dass sämtliche im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren erwachsenen Kosten zwangsläufig entstehen würden. Im speziellen Falle war eine Rechtsverteidigung auch nicht mutwillig und hatte von Anfang an Aussicht auf Erfolg.

Dies missfiel dem Finanzministerium. Das BMF erließ daraufhin den Nichtanwendungserlass vom 20.12.2012[2]. Es kam jedoch zu weiteren finanzgerichtlichen Verfahren. So entschied dann z.B. das Finanzgericht Düsseldorf[3], dass entsprechend des Urteils des BFH sämtliche im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren erwachsenen Kosten zwangsläufig entstehen und deshalb als außergewöhnliche Belastungen absetzbar seien.

Diesen Streitigkeiten hat nun der Gesetzgeber ein Ende gesetzt. In der letzten Sitzung des Bundestages vor der Sommerpause 2013 wurden verschiedene Gesetzesänderungen "durchgewunken". Dies geschah leider völlig unbemerkt von BRAK und DAV. Unsere Interessenvertretung hat leider versagt.

Somit gibt es nun eine Ergänzung des § 33 Abs. 2 EStG. Danach sind Verfahrens- und Prozesskosten nur noch abzugsfähig, wenn der Steuerpflichtige anderenfalls Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Dies gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2013. Einer Auslegung ist jedoch wieder Tür und Tor geöffnet, weil mit unbestimmten Rechtsbegriffen gearbeitet wird. Wann verliert ein Steuerpflichtiger seine Existenzgrundlage? Wann kann er seine notwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen?

Letztendlich ist jedoch die danach noch bestehende Abzugsmöglichkeit in Wahrheit eine Augenwischerei. Denn in den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger durch Aufwendungen zur Führung eines Rechtsstreites seiner wirtschaftlichen Existenz beraubt ist, dürfte er vermutlich gar nicht mehr in der Lage sein, über die zumutbare Eigenbelastung, die sich am Gesamtbetrag seiner Einkünfte orientiert, hinauszukommen. Deshalb wird die Absetzbarkeit von Prozess- und Verfahrenskosten in nahezu allen Fällen leerlaufen.

Dies bedeutet nun für die Praxis, dass bis zum Veranlagungszeitraum 2012 sehr wohl noch um die Absetzbarkeit von Prozess- und Verfahrenskosten als außergewöhnliche Belastungen gestritten werden sollte, notfalls mit einer Klage bis zum Finanzgericht bzw. BFH. Ab dem Jahre 2013 wird jedoch praktisch kaum mehr eine Absetzbarkeit bestehen.

Darauf müssen wir nun unsere Mandanten im Rahmen unser Aufklärungspflichten hinweisen. Der Staat hat wieder einmal fiskalisch gehandelt und damit letztendlich indirekt Steuern erhöht.

Autor: Karin Meyer-Götz , Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Steuerrecht, Dresden

FF 1/2014, S. 19 - 20

[1] NJW 2011, 3055.
[2] BStBl I 2011, S. 1286.
[3] Urt. v. 19.2.2013 – 10 K 2392/12 E, BeckRS 2013, 94797.

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