1. Wirkungen und Voraussetzungen

a) Verzichten die Ehegatten wechselseitig auf ihr gesetzliches Erbrecht, ist nach § 2346 Abs. 1 BGB der Verzichtende von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflichtteilsrecht.

Er verliert neben dem Pflichtteilsanspruch gemäß § 2317 BGB auch einen Pflichtteilsrestanspruch nach §§ 2305, 2307 BGB und einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB.

b) Häufig wird übersehen, dass bei Zugewinngemeinschaft der güterrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 1371 Abs. 2 BGB unberührt bleibt, der nur durch Vereinbarung der Gütertrennung entfällt.

c) Weiterhin bleibt eine letztwillige Verfügung, mit der der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, wirksam, muss also widerrufen werden.

d) Pflichtteilsverzicht statt Erbverzicht?

Im Allgemeinen ist von einem Erbverzicht abzuraten, da er die Pflichtteilsquoten der weiteren gesetzlichen Erben erhöht. Der Erbverzicht eines Kindes gegenüber seinen Eltern, die sich gegenseitig zum alleinigen Erben eingesetzt haben, erhöht die Pflichtteilsquote der weiteren Kinder. Dem Notar droht die Haftung, wenn er in diesem Fall den Erbverzicht empfiehlt, der zu einer (nicht beabsichtigten) Erhöhung der Pflichtteilsquote eines weiteren Abkömmlings führt.[26] Der Verzicht des Kindes ist daher nach § 2346 Abs. 2 BGB auf den Pflichtteil zu beschränken.

Dagegen ist der Erbverzicht des Ehegatten unbedenklich.

e) Form

Der Erbverzichtsvertrag bedarf nach § 2348 BGB der notariellen Beurkundung.

Der Erblasser kann nach § 2347 Abs. 2 S. 1 BGB den Vertrag nur persönlich schließen, dagegen kann der Verzichtende durch einen Bevollmächtigten oder einen Vertreter ohne Vertretungsmacht vertreten werden. Für die Genehmigung des Verzichtenden sollte allein zur Beweissicherung die notarielle Beglaubigung vorgesehen werden. Beim wechselseitigen Erbverzicht von Ehegatten sind beide Erblasser, sie müssen den Vertrag persönlich schließen.

Nach § 127a BGB kann die notarielle Beurkundung des Erbverzichtsvertrages bei einem Prozessvergleich durch Protokollierung ersetzt werden. Der Erblasser muss aber auch hier persönlich mitwirken, also persönlich anwesend sein und unterschreiben, die Unterschrift des Anwalts genügt nicht.[27]

 
Praxis-Beispiel

Formulierungsvorschlag:

Wir schließen folgenden Erbverzichtsvertrag

1. Wir leben getrennt und beabsichtigen die Scheidung unserer Ehe. Wir leben im Güterstand der Gütertrennung.

2. Alle Verfügungen von Todes wegen, die wir errichtet haben, widerrufen wir, einen Erbvertrag heben wir auf.

3. Wir verzichten wechselseitig auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht und nehmen diesen Verzicht an.

4. Der Notar hat uns darauf hingewiesen, dass beim Tode eines von uns die gesetzliche Erbfolge unter Ausschluss des Ehegatten gilt, solange kein neues Testament errichtet wurde.

Leben die Ehegatten in Zugewinngemeinschaft, ist wegen § 1371 Abs. 2 BGB zusätzlich Gütertrennung zu vereinbaren.

[27] BGH NJW 1980, 2307; BayObLGZ 1965, 86; OLG Düsseldorf NJW 2007, 1290; Palandt/Weidlich, § 2348 Rn 2.

2. Erbverzicht und Ehegattenunterhalt nach § 1586b BGB

 
Praxis-Beispiel

Der Ehemann schuldet der Ehefrau gesetzlich oder aufgrund einer ehevertraglichen Vereinbarung nachehelichen Unterhalt. Sie haben einen Erb- und/oder Pflichtteilsverzichtsvertrag geschlossen. Nach dem Tod des Ehemannes lehnen die Erben die weitere Zahlung von Unterhalt ab.

a) Nach § 1586b BGB geht mit dem Tode des Verpflichteten die Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlassverbindlichkeit über. Der Erbe haftet jedoch nicht über einen Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, welcher dem Berechtigten zustände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre.

b) In der Literatur wird kontrovers diskutiert (eine Entscheidung des BGH steht aus), wie die Begrenzung dieses Unterhaltsanspruchs auf die Höhe des Pflichtteils zu verstehen ist, ob insbesondere ein Pflichtteilsverzicht oder ein Erbverzicht (ohne Vorbehalt des Pflichtteils) den Anspruch entfallen lässt.

Nach der wohl h.M.[28] hat der Unterhaltsanspruch Ersatzfunktion für das mit Scheidung weggefallene Erbrecht; der Ehegatte soll aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre, er aber vom Erblasser enterbt worden wäre. Habe er aber freiwillig auf den Pflichtteil verzichtet, so manifestiere sich darin sein Entschluss, von dem Erben nichts, auch nicht ersatzweise einen Unterhaltsanspruch, zu verlangen.

Hiergegen wendet sich zu Recht insbesondere die "Notarliteratur".[29] Verzichtet ein Ehegatte zu Beginn der Ehe (aus welchen Gründen auch immer) auf seinen Pflichtteil, wird der Fall einer Scheidung der Ehe überhaupt nicht bedacht, der bereits kraft Gesetzes den Pflichtteil entfallen lässt, sondern allein der der Beendigung der Ehe durch den Tod des anderen Ehegatten. Auch ein wechselseitiger Pflichtteilsverzicht in der Scheidungsvereinbarung hat ein anderes Regelungsziel, nämlich jedem Ehegatten uneingeschränkte Testierfreiheit auch bereits vor Scheidung der Ehe zu geben. Danach liegt die Bedeutung des § 1586b Abs. 1 S. 2...

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