Vor Rechtskraft der Scheidung bzw. bevor die Voraussetzungen des § 1933 BGB erfüllt sind, die bereits zum Ausschluss des Ehegattenerbrechts führen, ist der Ehegatte gemäß § 1931 BGB gesetzlicher Erbe.

1. Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, erbt der Ehegatte (unter Einbeziehung der Zugewinnausgleichspauschale von ¼ nach §§ 1931 Abs. 2, 1371 BGB)

neben den Abkömmlingen des verstorbenen Ehegatten (das sind dessen Kinder, beim Vorversterben eines Kindes dessen Abkömmlinge) als gesetzlichen Erben der ersten Ordnung (§ 1924 BGB) zur Hälfte,
neben den Verwandten der zweiten Ordnung (das sind nach § 1925 BGB die Eltern des verstorbenen Ehegatten und beim Vorversterben eines Elternteils dessen Abkömmlinge) und neben den Großeltern zu drei Vierteln,
anderenfalls allein.

Dem Ehegatten stehen nach § 1932 BGB neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern als Voraus die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände zu, neben Verwandten der ersten Ordnung, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.

2. Bestand beim Erbfall Gütertrennung, entfällt die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um ¼ als pauschaler Zugewinnausgleich.

Der Ehegatte erbt nach § 1931 Abs. 4 BGB neben einem Kind des Erblassers zur Hälfte, neben zwei Kindern zu ⅓, neben drei Kindern zu ¼ und neben vier Kindern zu Anteil.

Neben Verwandten der zweiten und dritten Ordnung erbt der Ehegatte zur Hälfte.

3. Ist der Ehegatte des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, steht ihm nach § 2303 BGB der Pflichtteil als Geldanspruch gegen die Erben zu.

Lebten die Ehegatten in Zugewinngemeinschaft und wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe (z.B. weil der Erblasser seine Kinder zu Erben eingesetzt hat) und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, erhält er nach § 1371 Abs. 2 BGB (güterrechtliche Lösung) den "kleinen" Pflichtteil aus seinem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil von ¼, also in Höhe von, daneben kann er Ausgleich des Zugewinns wie bei Scheidung der Ehe verlangen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Der Ehemann hat nach dem Scheitern der Ehe seinen Sohn zum alleinigen Erben eingesetzt. Er hinterlässt ein Vermögen von 1,0 Mio. EUR, darin enthalten ein Zugewinn von 600.000 EUR. Die Ehefrau hat keinen Zugewinn.

Die Ehefrau kann von dem Sohn Ausgleich des Zugewinns in Höhe von 300.000 EUR verlangen, daneben den "kleinen" Pflichtteil von aus dem Nachlassvermögen, das dem Sohn nach Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung (Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 1967 BGB) verbleibt, das sind 700.000 EUR, also hieraus weitere 87.500 EUR, mithin insgesamt 387.500 EUR.

Das gleiche Ergebnis gilt nach § 1371 Abs. 3 BGB, wenn der Ehegatte nur unzureichend bedacht ist und deshalb die Erbschaft ausschlägt. Diese wird der Rechtsberater dem Ehegatten insbesondere bei einer hohen Zugewinnausgleichsforderung empfehlen, die den Wert des ihm letztwillig Zugewendeten übersteigt. Hier ist die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft nach § 1944 BGB zu beachten.

 
Praxis-Beispiel

Der Ehemann hat neben seinem Sohn seine Ehefrau zu 1/10 Anteil zur Miterbin eingesetzt, mit der in Zugewinngemeinschaft lebte. Er hinterlässt ein Vermögen von 800.000 EUR, hiervon sind 600.000 EUR Zugewinn. Die Ehefrau hat keinen Zugewinn.

Die Ehefrau kann nach Ausschlagung der Erbschaft von dem Sohn Ausgleich des Zugewinns in Höhe von 300.000 EUR und zusätzlich den "kleinen" Pflichtteil von   aus dem verbleibenden Nachlass von 500.000 EUR verlangen, also weitere 62.500 EUR, mithin insgesamt 362.500 EUR.

Dem überlebenden Ehegatten steht es frei, die Erbschaft nicht auszuschlagen und, ist der Erbteil geringer als der Pflichtteil, nach § 2305 BGB von den Miterben als Pflichtteil den Wert des an der Hälfte fehlenden Teils des nach § 1371 BGB erhöhten Pflichtteils zu verlangen.

 
Praxis-Beispiel

Der Ehemann hat neben seinem Sohn seine Ehefrau zu  Anteil zur Miterbin eingesetzt. Der Nachlass beträgt 800.000 EUR. Der Ehemann hat keinen Zugewinn bzw. die Ehefrau einen höheren.

Die Ehefrau wird die Erbschaft von 100.000 EUR annehmen und den Zusatzpflichtteil von 100.000 EUR von dem Sohn verlangen, erhält also insgesamt 200.000 EUR, ein Betrag, der ihrem erhöhten Pflichtteil entspricht. Würde sie die Erbschaft ausschlagen, erhielte sie nach § 1371 Abs. 2 BGB mangels einer Ausgleichsforderung nur den kleinen Pflichtteil in Höhe von, also einen Betrag von 100.000 EUR.

Ist im vorigen Beispiel der Ehegatte mit einem Vermächtnis in Höhe von 100.000 EUR bedacht, kann er nach § 2307 S. 2 BGB ebenfalls den Zusatzpflichtteil verlangen, wenn er das Vermächtnis annimmt.

4. Bestand beim Tode des Ehemannes Gütertrennung, findet § 1371 BGB keine Anwendung. Der Ehefrau steht, ist sie von der Erbfolge ausgeschlossen, der Pflichtteil in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils zu, dessen Höhe sich nach der Zahl der Kinder des Erblassers richtet (§ 1931 Abs. 3 BGB). Ist der Ehegatte unzureichend bedacht, gelten §§ 23052307 BGB.

 
Praxis-Beispiel

Der Ehemann hat se...

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