1. Erwirbt die Schwiegermutter mit ihrem Schwiegersohn gemeinsam eine Immobilie und übernimmt die Zahlung des gesamten Kaufpreises, so liegt eine mittelbare Schenkung des Miteigentumsanteils an der Immobilie vor.

2. Die Übernahme der laufenden verbrauchsabhängigen und -unabhängigen Kosten für das gesamte Objekt und zeitweilige Zahlung von monatlich 100 EUR durch den Schwiegersohn stellen keine Gegenleistung für die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils dar, weil diese Leistungen nach dem Willen der Vertragsparteien nicht in einem inneren rechtlichen Zusammenhang mit der Übertragung des Miteigentumsanteils stehen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Schwiegermutter noch erhebliche Investitionen in das Haus getätigt hat und der Schwiegersohn mit seinem Auszug seine Zahlungen einstellt.

3. Die Zuwendung des Miteigentumsanteils kann bei Scheitern der Ehe der Tochter mit dem Schwiegersohn nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht zurückgefordert werden, weil während des Bestandes der Ehe der Zweck der Zuwendung jedenfalls teilweise erreicht worden ist. Nur besondere Umstände, etwa die Gefährdung eines Wohnrechts und der Altersversorgung oder die Nichterbringung einer Pflegeverpflichtung wegen eines tiefen Zerwürfnisses, rechtfertigen ausnahmsweise die Rückforderung des Miteigentumsanteils.

4. Dient die Übertragung des Miteigentumsanteils an den mit dem eigenen Kind verheirateten Partner der dauerhaften Unterstützung des Ehe- und Familienlebens, so verbinden die Schwiegereltern mit der Zuwendung im Regelfall die Erwartung einer dauerhaften Ehe. Mit der Trennung ist diese Geschäftsgrundlage in Wegfall geraten.

5. Ob das Festhalten am unveränderten Vertrag den Schwiegereltern zugemutet werden kann, ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Maßgebliche Kriterien hierfür sind die Ehedauer, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Schwiegereltern und der früheren Ehegatten, der Umfang der durch die Schenkung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie die mit der Schenkung verbundene Erwartung des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter. In Betracht kommt auch eine nur anteilige Rückgewähr.

6. Die Höhe des nach § 313 BGB geschuldeten angemessenen Ausgleichs in Geld richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ausgangspunkt für die Bemessung der Höhe des Ausgleichsanspruchs ist der Wert der Zuwendung im Zeitpunkt der Zuwendung. Von dieser Zuwendung ist ein Abschlag dafür zu machen, dass sich die Erwartung der Schwiegereltern, dass das eigene Kind von der Zuwendung an das Schwiegerkind profitiert, jedenfalls bis zur Trennung der Eheleute verwirklicht hat.

7. Bei der Ermittlung des Ausgleichsbetrages ist die von Wever (FamRZ 2016, 857) entwickelte, als lineare Abschreibung bezeichnete Methode zur Hilfe zu nehmen, die die bereits verwirklichte Erwartung des Zuwendenden in angemessener Weise berücksichtigt und gleichzeitig für weitere Abwägungstatsachen jeglicher Art offen ist. Ausgehend von der Annahme, dass die Ehe lebenslang Bestand haben werde, ist für den Abschlag das Verhältnis der Dauer von der Zuwendung bis zum Scheitern der Lebensgemeinschaft zur zu erwartenden Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der Zuwendung maßgebend.

(red. LS)

OLG Brandenburg, Urt. v. 9.5.2023 – 3 U 55/22 (LG Potsdam)

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