Die bisherigen Ausführungen befassen sich mit dem rückständigen Unterhalt. Unterhaltsfestsetzung ist in der Praxis aber in aller Regel auch Berechnung des laufenden und zukünftigen Unterhalts. Der BGH befasst sich daher auch intensiv mit der Frage, wie diesen Gesichtspunkten bei der Festsetzung der laufenden und zukünftigen Unterhaltszahlungen Rechnung getragen werden kann.

Für die Bemessung des zukünftigen Unterhalts muss regelmäßig eine Prognose aufgestellt werden, ob die Realitäten, die in der Vergangenheit den Unterhalt bestimmt haben, auch in Zukunft Bestand haben werden, oder ob Veränderungen abzusehen sind. Dies bezieht sich in der Mehrheit der praktischen Unterhaltsstreitigkeiten auf die Einkommensseite, also i.d.R. den zukünftigen Verdienst der Beteiligten und hier abzusehende Veränderungen, schließt aber auch Veränderungen auf der Negativseite, also bei den unterhaltsrechtlich relevanten Abzugspositionen nicht aus.

Wird beispielsweise Ehegattenunterhalt berechnet, stellt der zu zahlende Minderjährigenunterhalt für ein gemeinsames Kind eine solche zu berücksichtigende Abzugsposition dar. Ist abzusehen, dass dieses Kind im laufenden Jahr in eine höhere Altersstufe wechselt, steht auch bereits fest, dass sich der hier anzusetzende Unterhaltsbetrag zu einem bestimmten Zeitpunkt entsprechend erhöhen wird. Diese zuverlässig vorhersehbare Änderung ist daher schon bei der jetzt vorzunehmenden Festsetzung des Ehegattenunterhalts zu berücksichtigen. Geschieht dies nicht, kann sich der Unterhaltspflichtige beim späteren Eintritt der Veränderung nicht darauf berufen, denn er ist mit diesem Einwand präkludiert.[23]

Dementsprechend geht der BGH auch auf die Frage ein, wie der Unterhalt von K 1 für die Bemessung des zukünftigen Unterhalts von K 2 zu berücksichtigen ist.

Zitat

"Da aber die Leistungsfähigkeit zu Beginn eines Monats naturgemäß für den gesamten Monat noch nicht abschließend festgestellt werden kann, erfordert die Unterhaltsbemessung eine Prognose der dem Unterhaltsanspruch zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse. Wird die Leistungsfähigkeit nicht nur durch die (zu erwartenden) Einkünfte des Unterhaltspflichtigen bestimmt, sondern – wie hier – auch durch weitere gleichrangige Unterhaltsverpflichtungen, richtet sich die Prognose auch darauf, in welcher Höhe der geschuldete weitere gleichrangige Unterhalt tatsächlich gezahlt wird oder bereits tituliert ist. Soweit der weitere Unterhalt nicht tituliert ist, hat der Unterhaltspflichtige, der sich auf die Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit beruft, für diese Prognose konkrete Umstände, etwa seine Unterhaltsleistungen in der Vergangenheit, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, die die Annahme rechtfertigen, der zusätzlich geschuldete Unterhalt werde in der behaupteten Höhe auch tatsächlich gezahlt".“[24]

"Das gilt sowohl für die nach § 1612 Abs. 3 BGB monatlich im Voraus geschuldeten Unterhaltsleistungen als auch für die erst künftig entstehenden Unterhaltsansprüche der Kinder. Auch insoweit ist zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit aufgrund konkreter Umstände zu prognostizieren, inwieweit die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen nicht für Unterhaltszahlungen zur Verfügung stehen werden, weil weitere gleichrangige Unterhaltsansprüche tituliert sind oder" tatsächliche Unterhaltsleistungen erbracht werden. Sollte diese Prognose sich im Nachhinein als unzutreffend erweisen, steht dem Antragsgegner die Möglichkeit der Abänderung des Unterhaltstitels nach den §§ 238 ff. FamFG zur Verfügung.“[25]

Praxishinweis:

Treten später unterhaltsrelevante Veränderungen aufseiten des Unterhaltspflichtigen auf, muss dieser umgehend Schritte einleiten mit dem Ziel, gegenüber K 2 seine titulierte Zahlungsverpflichtung herabzusetzen.
Dies kann über eine sog. "negative Mahnung" geschehen, mit der die Rechtsfolgen des § 1613 BGB ausgelöst werden (siehe oben). Dann hat er in einem anschließenden Abänderungsverfahren gegen K 2 wegen § 238 Abs. 3 S. 3 FamFG die Möglichkeit, seinen Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts rückwirkend ab dem Ersten des auf sein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen folgenden Monats durchzusetzen.

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