VersAusglG § 5 Abs. 2 § 41 § 45

Leitsatz

1. Bei kapitalgedeckten Versorgungen sind auch solche Überschussanteile, die erst nach dem Ehezeitende ausgewiesen werden, in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

2. Zur Behandlung kapitalgedeckter Anrechte im Versorgungsausgleich, aus denen bereits vor der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich eine ungekürzte Altersrente bezogen wird.

3. Zur Unterstützungskassenversorgung im Versorgungsausgleich.

BGH, Beschl. v. 17.2.2016 – XII ZB 447/13 (OLG Köln, AG Bergheim)

Anmerkung

Anm. der Red.: Die Entscheidung ist abgedruckt in FamRZ 2016, 775.

2 Anmerkung

Kontext der Entscheidung

Zwischen Ehezeitende und Durchführung des Versorgungsausgleichs sind mehrere Jahre vergangen. Der Ehemann bezieht bereits eine ungekürzte Rente aus kapitalgedeckten Anrechten, die zu teilen sind. Mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs wird seine Rente gekürzt. Wie sind nach Ehezeitende eintretende rechtliche und tatsächliche Wertänderungen der Anrechte zu berücksichtigen und wie wird der durch Rentenzahlung nach Ehezeitende bis zur Rechtskraft der Entscheidung eingetretene Werteverzehr behandelt?

Gründe

Die 1969 geschlossene Ehe von M und F wurde auf den am 9.8.2000 zugestellten Scheidungsantrag am 17.12.2012 geschieden. Der M hat vier betriebliche Anrechte bei der Pensionskasse BVV und ein Anrecht bei der Unterstützungskasse BVV, die in den Versorgungsausgleich fallen und aus denen M eine Rente bezieht. Die Versorgungsträger haben Auskünfte zu den Stichtagen 31.7.2000 und 1.5.2012 erteilt. Diese berücksichtigen einerseits das nachehezeitliche Anwachsen der Anrechte um Verzinsungen und Überschussbeteiligungen werterhöhend, andererseits wertmindernd die Rentenzahlungen an M. Das Familiengericht und das OLG haben die betrieblichen Altersversorgungen des Ehemanns auf Basis der Auskünfte zum 1.5.2012, jeweils intern durch Übertragung monatlicher Anrechte, geteilt, allerdings ohne den nachehezeitlichen Rentenbezug zu berücksichtigen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde führt zur Zurückweisung des Verfahrens an das OLG.

Der BGH bestätigt zunächst, dass Überschussanteile, bestehend aus Schlussüberschüssen und Bewertungsreserven, in den Wertausgleich einzubeziehen sind. Dabei könne dahinstehen, ob man mit dem OLG die Auffassung vertritt, dass die Überschussbeteiligung erst nach dem Ende der Ehezeit entstanden und diese nun in der Leistungsphase ausgewiesen werde, eine nach § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG zu berücksichtigende rechtliche oder tatsächliche Veränderung darstelle oder das Anrecht an dem Überschussanteil bereits während der Ehezeit erdient worden sei. Nach dem Halbteilungsgrundsatz gebühren diese Überschussanteile beiden Ehegatten gemeinsam.

Bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs muss jedoch, abweichend von der Vorinstanz, wertmindernd auch der laufende nachehezeitliche Rentenbezug berücksichtigt werden. Wenn, wie es bei kapitalgedeckten Versorgungen der Fall sei, ein Barwertverzehr stattfinde, könnten nur die im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung noch vorhandenen Anrechte in den Versorgungsausgleich einbezogen werden – "Was weg ist, ist weg".[1]

Die laufenden Veränderungen der Bewertungsfaktoren in der Leistungsphase durch das fortschreitende Lebensalter stellen zwar keine auf den Ehezeitanteil zurückwirkende tatsächliche Veränderung im Sinne des § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG dar. Die laufenden Rentenleistungen beeinflussen auch nicht die wertbildenden Faktoren bezogen auf das Ehezeitende, jedoch nimmt der Barwert der noch offenen Leistungsverpflichtung mit jedem Monat des Rentenbezugs, aufgrund der verringerten Lebenserwartung, ab. Mit dem Verzehr eines individuell angesammelten Deckungskapitals hat dies nichts gemein. Das notwendige Deckungskapital und der versicherungsmathematische Barwert errechnen sich bei einer Vielzahl gleichartiger Verpflichtungen auf Grundlage biometrischer Daten und der zu erwartenden Zahlungsströme.

Würde man den Werteverzehr unberücksichtigt lassen, würde dies zu Lasten des Versorgungsträgers gehen und damit zu einer übermäßigen Inanspruchnahme desselben führen. Der hoheitliche Eingriff würde die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Versorgungsträgers (Art. 2 Abs. 1 GG) tangieren[2] – Verstoß gegen das versicherungsmathematische Äquivalenzprinzip, Gebot der Kostenneutralität für den Versorgungsträger. Dieser war bereits verpflichtet, aus dem noch zu übertragenden Ehezeitanteil laufende Leistungen an den Ausgleichspflichtigen zu erbringen und müsste nun quasi teilweise doppelt leisten.

Ebenso wenig kann dem ausgleichsberechtigten Ehegatten aus dem reduziert verbliebenen Anrecht der auf das Ehezeitende bemessene volle Ausgleichswert übertragen werden, weil sich so der Rentenbezug allein zu Lasten des Ausgleichspflichtigen auswirken würde, jedenfalls dann, wenn der Berechtigte bereits auf andere Weise (Unterhalt) an dem Rentenbezug partizipiert hat. Dies würde gegen den Halbteilungsgrundsatz verstoßen.

Es bleibt daher nur übrig, die zwischen Ehezeitende und Rechts...

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