Der vorliegende Fall zeigt, dass die entscheidenden Weichen für eine mögliche Rückführung des Kindes gerade bei Neugeborenen und Kleinstkindern frühzeitig im Verfahren gestellt werden. Der Anwalt der Eltern sollte daher bereits im frühen ersten Termin nach §§ 155, 157 FamFG – insbesondere unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG und die Regelung des § 37 Abs. 1 SGB VIII – darauf hinwirken, dass sowohl seitens des Gerichts als auch seitens des Jugendamts konkret benannt und in das Protokoll aufgenommen wird, was von den Eltern für eine mögliche Rückführung des Kindes erwartet wird bzw. welche Ermittlungsschritte im Einzelnen geplant sind, wann ein neuer Termin stattfinden soll und wie der Umgang bis zum nächsten Termin konkret stattfinden soll. Soweit unterschiedliche Einschätzungen zwischen Jugendamt und Gericht über die Geeignetheit von Hilfen für die Eltern sichtbar werden, dürften Maßnahmen wie Einschaltung der Presse, Befangenheitsanträge und Dienstaufsichtsbeschwerden nur selten eine Verbesserung bewirken; eher drohen die Fronten dadurch zu verhärten. Zu erwägen wäre stattdessen etwa die Beantragung eines lösungsorientierten sozialpädagogischen Gutachtens (ggf. zusätzlich zu einem psychologischen Gutachten), in dessen Rahmen Jugendamt, Eltern und sonstige professionell Beteiligte möglicherweise wieder an einen Tisch gebracht werden können.

Schließlich macht der vorliegende Fall nochmals deutlich, dass sowohl Familienrechtsanwälte als auch Familienrichter in Kindschaftssachen im Allgemeinen und in Kindesschutzsachen im Besonderen vertiefte Kenntnisse des Jugendhilferechts benötigen.

Autor: Dr. Stephan Hammer, Richter am Amtsgericht, zzt. abgeordnet an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz[2]

FF 11/2014, S. 428 - 433

[2] Die Ausführungen geben ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder.

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