Nachstehend wird die aktuelle Rechtsprechung der Instanzgerichte dargestellt. Aus den Jahren 2009 und 2010 sind noch einige Entscheidungen nachzutragen, die erst später veröffentlicht worden sind und deshalb im Voraufsatz[23] noch nicht berücksichtigt werden konnten. Die Entscheidungen sind wiederum durchlaufend nummeriert und mit einem Stichwort versehen.

(1) Das OLG Hamm[24] ("11, Defizite") hatte über Betreuungsunterhalt in einem Fall zu entscheiden, in dem ein 11 Jahre altes Kind mit erheblichen schulischen Defiziten nach einem Wechsel zu einer weiterführenden Schule zu betreuen war. Nach Ansicht des Gerichts ist, auch unter Berücksichtigung einer möglichen Über-Mittag-Betreuung in der Schule bis 15:45 Uhr, eine Erwerbstätigkeit der gegenüber einem anderen minderjährigen Kind barunterhaltspflichtigen Mutter von mehr als 30 Stunden/Woche nicht zumutbar.

(2) Nach der Entscheidung des OLG Köln[25] ("6 Jahre") ist im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung in erster Linie auf kindbezogene Gründe abzustellen; bei einem 6 Jahre und knapp 10 Monate alten Kind sei die Betreuungsbedürftigkeit nicht zweifelhaft. Fraglich könne nur sein, ob und in welchem Umfang die notwendige Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert sei oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könne. Die Möglichkeit der anderweitigen Betreuung in einem Kindergarten bestehe derzeit bis maximal 16:30 Uhr. Ab Einschulung bestehe in der Ganztagsschule eine Betreuungsmöglichkeit bis 16:00 Uhr. Der Übergang vom Kindergarten in die Schule stelle für jedes Kind einen besonders einschneidenden Lebensabschnitt dar. Der allein erziehende Elternteil müsse die Möglichkeit haben, notwendige Einkäufe und Haushaltsarbeiten teilweise zu erledigen, bevor das Kind aus der Fremdbetreuung zurückkomme. Auch unter Berücksichtigung von elternbezogenen Gründen entspreche es der Billigkeit, dass die Kindesmutter derzeit nicht mehr als halbtags arbeiten müsse.

(3) Das OLG Hamm[26] ("13+14") hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem die unterhaltsberechtigte Kindesmutter zwei gemeinsame Kinder von 13 und 14 Jahren betreute; ein Kind litt unter gesundheitlichen Beschwerden und in der vorhandenen und in Anspruch genommenen Betreuungseinrichtung wurde keine qualifizierte Schulaufgabenbetreuung angeboten. Nach Ansicht des OLG hatte das AG die Klage des Kindesvaters auf Herabsetzung bzw. Befristung des Unterhaltsanspruchs zu Recht abgewiesen; die Kindesmutter komme ihrer Erwerbsobliegenheit mit einer Tätigkeit von 25 Stunden/Woche ausreichend nach, und zwar auch unter Berücksichtigung der verschärften Anforderungen nach der neuen Gesetzeslage. Der Anzahl der Kinder komme besondere Bedeutung zu; es bedürfe eines wesentlich höheren Betreuungsaufwandes, zwei oder mehr Kinder zu betreuen als ein einzelnes. Der zwölfjährige Sohn leide unstreitig unter wiederkehrenden Kopfschmerzen; in einem Schuljahr seien darauf 85 Fehlstunden zurückzuführen. Bei kopfschmerzbedingten Ausfallzeiten sei eine Präsenz der Mutter erforderlich, zumal Kopfschmerzen oft belastungs- bzw. spannungsbedingt seien. Ob wegen gestiegenen Kindesalters eine Ausweitung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit geboten sei, könne dahinstehen, weil am Wohnort der Kinder nachweislich keine adäquaten Betreuungsmöglichkeiten existierten.

(4) Vom OLG Celle[27] ("11+14") wurde entschieden, dass der betreuende Elternteil bei Betreuung von 11 und 14 Jahre alten Schulkindern aus elternbezogen Gründen auch dann noch nicht zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet sei, wenn die Kinder nach der Schule ganztägig in einer geeigneten Tagespflegestelle betreut werden könnten. Vom Gericht wurde angenommen, dass für die elfjährige, die fünfte Klasse der Realschule besuchende Tochter ein weitergehender nachschulischer Betreuungsbedarf bestehe mit der Folge, dass die teilschichtig tätige Kindesmutter ihre Tätigkeit nicht auf einen vollschichtigen Umfang ausweiten müsse. Denn nach Beendigung einer solchen Tätigkeit habe sie in der Wohnung noch eine Reihe von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten auszuführen, die auch den Kindern zu Gute kämen; außerdem müsse sie sich mit Schulausbildung und soziale Kontakte der Kinder betreffenden organisatorischen Problemen befassen. Eine vollschichtige Tätigkeit sei als überobligatorisch anzusehen; zumutbar sei lediglich eine Erwerbstätigkeit von etwa 2/3.

(5) Das OLG Düsseldorf[28] ("7+10") hatte über einen Fall von Betreuungsunterhalt zu entscheiden, in dem die beiden Töchter 7 und 10 Jahre alt waren, als das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz in Kraft trat. Die Kindesmutter wandte sich gegen die Versagung von PKH für eine beabsichtigte Unterhaltsklage. Diese wurde vom OLG im summarischen Verfahren geprüft; die Fragen, inwieweit der Anspruchsgrund des Krankheitsunterhalts fortbestehe und wie die Beurteilung des Unbilligkeitseinwandes wegen verschwiegener Arbeitseinkünfte ausfalle, wurde in das Hauptsacheverfahren verwiesen. Nach Ansicht des OLG indiziert die tatsächliche Ausüb...

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