Der BGH hat in der hier in Rede stehenden Entscheidung seine Rechtsprechung zur Drittelmethode[1] und zu den wandelbaren ehelichen Verhältnissen[2] erläutert und weiter konkretisiert.

Eine Fortschreibung des früheren Zustandes bei Scheidung auf die Zeit danach zur Bemessung des nachehelichen Bedarfs sei seit dem 1.8.2008 nicht mehr möglich. Insbesondere bei Wiederverheiratung des Unterhaltsschuldners müsse den dadurch veränderten Verhältnissen gegenüber dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten Rechnung getragen werden. Denn eine Wiederverheiratung stelle keinen Verstoß des Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu dem geschiedenen Ehegatten dar, und nur bei schuldhaftem Verstoß gegen unterhaltsrechtliche Obliegenheiten sei eine Einkommensfiktion geboten.[3] Die sog. "Hypothekenrechtsprechung"“, wonach die Zweitehe von vornherein mit der Unterhaltspflicht des einen Ehegatten gegenüber dem geschiedenen aus erster Ehe belastet sei, könne nicht mehr aufrechterhalten werden. Vielmehr seien nun Gesichtspunkte der Schutzbedürftigkeit der Unterhaltsgläubiger ausschlaggebend für das Maß des Unterhaltsanspruches des geschiedenen Ehegatten.[4] Dabei seien insbesondere die Kinderbetreuung durch einen geschiedenen und/oder aktuellen Ehegatten zu nennen wie auch der Umstand, dass kein Vertrauensschutz für den unterhaltsberechtigten Ehegatten dahingehend bestehe, dass der Unterhaltspflichtige keine neuen Unterhaltspflichten sich selbst gegenüber entstehen lasse. Die dadurch eintretende Schmälerung seines Anspruches müsse der Unterhaltsgläubiger hinnehmen.[5] Dadurch fielen zwar Bedarf und Leistungsfähigkeit teilweise zusammen; das sei aber auch schon früher so praktiziert worden.[6]

Der Unterhaltsbedarf, so der BGH weiter, sei aber unter Berücksichtigung eines von der aktuellen Ehefrau erzielbaren Einkommens zu bemessen, soweit eine Erwerbsobliegenheit bestehe. Dies verlange die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung der ersten und der zweiten Ehe.[7] Diese Aussage schränkt der BGH dahingehend ein, dass nicht in jeder Hinsicht die geschiedene und die aktuell bestehende Ehe gleich zu behandeln seien; so entfalte die bestehende Ehe durchaus stärkere Bindungen als die geschiedene. Allerdings dürfe der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nicht über Gebühr durch die Wahl der Rollenverteilung in der neuen Ehe beeinträchtigt werden. Dieser Gedanke finde sich schon in der Hausmannrechtsprechung des BGH. Es sei also eine unterhaltsrechtliche Einschränkung der Rollenverteilung in der neuen Ehe gegeben, die der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen nach § 1356 Abs. 2 S. 2 BGB hinzunehmen habe.[8] Dies beruhe auf gesetzlichen Wertungen. Schon bei § 1582 a.F. habe der Gesetzgeber die Meinung vertreten, dass nicht nur der geschiedene Ehegatte auf eine Erwerbstätigkeit verwiesen werden könne. Der neue Ehegatte müsse seine Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit ebenso ausschöpfen wie der geschiedene. Diese Wertung sei durch das UÄndG 2007 beibehalten worden.

Sodann fingiert der BGH für die nicht nach § 1570 BGB unterhaltsberechtigte aktuelle Ehefrau des Pflichtigen ein Einkommen und stellt dieses in die Drittelberechnung als den Bedarf auch der geschiedenen Ehefrau prägend ein.[9]

[1] BGH, Urt. v. 30.7.2008 – XII ZR 177/06 = NJW 2008, 3213 =FF 2008, 453 mit Anm. Born.
[4] BGH, a.a.O., Rn 31; so auch BT-Drucks 16/1830, S. 23.
[5] BGH, a.a.O., Rn 33.
[6] BGH, a.a.O., Rn 34 mit Beispielen.
[7] BGH, a.a.O., Rn 44.
[8] BGH, a.a.O., Rn 48.
[9] BGH, a.a.O., Rn 50 ff.

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