Gerade in Fällen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB, in denen der Mindestunterhalt für minderjährige Kinder nicht aufgebracht werden kann, besteht grundsätzlich Anlass zu der Prüfung, ob der Unterhaltspflichtige nach den Umständen des Einzelfalls trotz eines deutlich höheren Zeitaufwands auf die Verwendung günstigerer öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen oder ob ihm bei kürzeren Fahrtstrecken sogar die überwiegende Benutzung eines Fahrrads für den Weg zur Arbeitsstätte zugemutet werden kann.[35]

Wenn dargelegt werden kann, dass der Unterhaltspflichtige mit öffentlichen Verkehrsmitteln doppelt so lang unterwegs wäre, die Fahrten auch während des Zusammenlebens der Ehegatten mit dem Pkw zurückgelegt wurden und kein Mangelfall vorliegt, können die nach den Pauschalen bemessenen beruflich bedingten Fahrtkosten abgezogen werden. Denn Anhaltspunkte für die Bestimmung der Angemessenheit können einerseits die ehelichen Lebensverhältnisse und andererseits das Verhältnis der Fahrtkosten zum Einkommen sein.[36]

[35] BGH, Beschl. v. 9.3.2022 – XII ZB 233/21, NJW 2022, 1386 Rn 9 m.w.N. m. Anm. Graba = NZFam 2022, 402 m. Anm. Niepmann.
[36] BGH, Beschl. v. 18.5.2022 – XII ZB 325/20, NJW 2022, 2470 m. Anm. Obermann = BeckRS 2022, 16793; vgl. auch Ziffer 10.2.2 der Frankfurter Unterhaltsgrundsätze.

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