Im vorliegenden Fall wurde die Ehe bereits im Jahr 2014 im Ausland geschieden. Nachdem der Ehemann im Jahr 2015 verstorben war, beantragte die im Ausland lebende Ehefrau erst im Jahr 2017 beim Amtsgericht – Familiengericht – Schöneberg die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Die Entscheidung des BGH umfasst mehrere praxisrelevante Themen zum Versorgungsausgleich:

1. Anwendungsbereich des § 31 VersAusglG

Fraglich war, ob der Anwendungsbereich des § 31 VersAusglG auch dann eröffnet ist, wenn die Durchführung des Versorgungsausgleichs erstmals nach dem Versterben eines Ehegatten beantragt wird.

§ 31 VersAusglG regelt, wie im Fall des Versterbens eines Ehegatten nach Rechtskraft der Scheidung aber vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu verfahren ist.

Das Versterben eines Ehegatten führt dazu, dass dessen Anspruch auf Durchführung des Versorgungsausgleichs erlischt. Den Erben des verstorbenen Ehegatten steht daher kein Recht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zu (§ 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG).

Der andere (also der überlebende) Ehegatte verliert dagegen sein Recht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht. Dieser muss sein Recht auf Durchführung des Wertausgleich nach dem Tod des anderen Ehegatten nunmehr gegenüber den Erben[1] geltend machen (§ 31 Abs. 1 S. 1 VersAusglG).

Auch nach rechtskräftiger Ehescheidung kann also der Versorgungsausgleich (erstmals) nach Versterben eines Ehegatten durchgeführt werden. Zwei Fallkonstellationen kommen in Betracht:

Zum einen kann das Versorgungsausgleichsverfahren zum Zeitpunkt des Todes eines geschiedenen Ehegatten noch beim Gericht anhängig sein. Dies kann der Fall sein, wenn die Ehe im Inland nach Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich nach § 140 Abs. 2 FamFG bereits rechtskräftig geschieden ist. In dieser Konstellation wäre der Versorgungsausgleich zum Zeitpunkt des Versterbens des Ehegatten noch anhängig gewesen, so dass der Versorgungsausgleich unstreitig nach § 31 VersAusglG durchzuführen ist.
Zum anderen kann die Ehe – wie im vorliegenden Fall – im Ausland rechtskräftig geschieden worden sein. Auch bei einer inländischen Ehescheidung wird, wenn auf die Scheidung ausländisches Recht anzuwenden ist und kein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Art. 17 Abs. 4 S. 2 EGBGB gestellt wird, kein Versorgungsausgleichsverfahren anhängig. Das Versorgungsausgleichsverfahren wird dann erst nach Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gem. Art. 17 Abs. 4 S. 2 EGBGB anhängig.

Zur zweiten dieser Konstellationen hat der BGH nun entschieden, dass die Anwendung des § 31 VersAusglG nicht voraussetzt, dass der Tod eines Ehegatten zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem das Verfahren über den Versorgungsausgleich nach Antragstellung bereits anhängig war.

Mithin ist es für die Anwendung des § 31 VersAusglG unerheblich, ob der Ehegatte erst nach Eingang des Antrags auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Art. 17 Abs. 4 S. 2 EGBGB beim Familiengericht oder bereits zuvor verstorben ist.

Grundsätzlich ist unter der Anwendung des § 31 VersAusglG die hälftige Wertdifferenz der von den Ehegatten während der Ehezeit erwirtschafteten Anrechte auszugleichen. Dem überlebenden Ehegatten haben seine eigenen Anrechte vollständig zu verbleiben (§ 31 Abs. 1 S. 2 und § 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG). Nach dem Versterben eines Ehegatten findet mithin kein Hin- und Herausgleich mehr statt. Da im vorliegenden Fall die Ehefrau aber während der Ehezeit keine dem Versorgungsausgleich unterfallenden Anrechte erworben hatte, waren die seitens des verstorbenen Ehegatten während der Ehezeit erwirtschafteten Anrechte hälftig auszugleichen.

Der Entscheidung des BGH zum Anwendungsbereich des § 31 VersAusglG ist vollständig zuzustimmen. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus Sinn und Zweck der Regelung des § 31 VersAusglG lässt sich herleiten, dass das Versorgungsausgleichsverfahren zum Zeitpunkt des Versterbens des ausgleichspflichtigen Ehegatten bereits anhängig sein muss. Diese Auslegung trägt der Regelung des Art. 17 Abs. 4 Satz 2 EGBGB Rechnung, wonach ein Versorgungsausgleich erstmalig auch nach rechtskräftiger Scheidung beantragt werden kann. Letztlich ist es unverständlich, dass es hier einer höchstrichterlichen Klärung bedurfte.

2. Ausnahme vom Grundsatz "was weg ist, ist weg"

Der verstorbene Ehemann hatte während der Ehezeit ein betriebliches Anrecht in Form der rückstellungsfinanzierten Direktzusage erwirtschaftet. Der Versorgungsträger hat sich darauf berufen, dass er die handelsbilanzielle Rückstellung nach dem Tod des früheren Mitarbeiters aufgelöst hat.

Zutreffend hat der BGH vorliegend nicht den Grundsatz "was weg ist, ist weg" angewendet und eine Ausnahme hierzu aufgestellt.

Der Grundsatz "was weg ist, ist weg" kommt im Versorgungsausgleich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Anwendung, wenn ein ausgleichspflichtiger Ehegatte aus dem auszugleichenden Anrecht zwischen Ehezeitende und Rechtskraft des Versorgungsausgleichs bereit...

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