Sieht man sich die Schwierigkeiten an, die mit einer vertraglichen Gestaltung von Unterhalt verbunden sein können, kann man die Sehnsucht einiger Autoren nach einem einfacheren System nachempfinden. Ziehen wir also Bilanz, ob die Instrumente der Gestaltung bzw. Gestaltungsbegrenzung tauglich sind. Ich meine, dass diese Frage durchweg mit Ja beantwortet werden kann.

An der Dispositionssperre nach § 1614 Abs. 1 BGB sollte uneingeschränkt festgehalten werden. Sie bietet Sicherheit im Trennungs-, Verwandten- und Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB. Die unterhaltsberechtigten Personen sind in ihrer jeweiligen familiären Situation in höchstem Maße schutzbedürftig, was das Verzichtsverbot auch gewährleistet. Unsicherheit bringt für den Praktiker der nicht ganz klar formulierte Ermessensspielraum der Rechtsprechung, wenn vom gesetzlichen Unterhalt im Bereich zwischen 20 % und 33 % abgewichen wird; hier kommt es bekanntlich auf eine Billigkeitsentscheidung an, bei der alle Umstände des Einzelfalls eine Rolle spielen – ein unsicheres Terrain.
Unterschiedlich ausgestaltet ist der Betreuungsunterhalt je nachdem, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Eine Legitimation lässt sich hierfür schwerlich finden, denn der Betreuungsunterhalt wird zum Wohl des Kindes gewährt und aus dessen Sicht spielt der familienrechtliche Status der Eltern keine entscheidende Rolle. Aus rechtspolitischer Sicht empfiehlt sich eine einheitliche Regelung in Richtung auf einen einheitlichen Betreuungstatbestand. Dieser sollte dann dem Verzichtsverbot unterstellt werden, sodass generell nicht auf Betreuungsunterhalt verzichtet werden kann.
Die Einschränkung der Privatautonomie in § 1585c S. 2 BGB kann man als Praktiker nur befürworten. Es muss aber bezweifelt werden, ob die Schutzbedürftigkeit des betroffenen Ehegatten mit der Rechtskraft der Scheidung endet. Hier stellt sich die Frage, ob die Bedeutung unterhaltsrechtlicher Regelungen nicht generell die notarielle Form erfordert.
Die Rechtsprechung hat ein filigranes Prüfsystem für Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen entwickelt, ausgehend von der Grundentscheidung im Jahr 2004. Es ist dreigliedrig aufgebaut: Zunächst erfolgt eine Bestandskontrolle am Maßstab der subjektiven Imparität. In einem weiteren Schritt stellt sich die Frage, ob sich der benachteiligte Ehegatte auf einen kompensationslosen Unterhaltsverzicht eingelassen hat, der dem Kernbereich der Folgesachen zuzuordnen ist. Und schließlich wird die Abweichung von der Le bensplanung mit der Ausübungskontrolle aufgefangen, die den Vertrag als solchen unangetastet lässt, ihn aber kraft richterlichen Gestaltungsakts an die veränderten Verhältnisse anpasst. Die Richtung der obergerichtlichen Rechtsprechung, grundsätzlich an den Vereinbarungen der beteiligten Ehegatten festzuhalten und die sittenwidrigen Ausreißer auf wenige Fälle zu beschränken, ist zu begrüßen. Mit diesem im Laufe der Zeit verfeinerten Prüfungsraster lassen sich die unterschiedlichen Lebenssachverhalte durchaus bewältigen, auch wenn in der untergerichtlichen Praxis eine Tendenz erkennbar wird, jeden Ehevertrag, der verzichtende Regelungen enthält, der richterlichen Überprüfung auch in Fällen zu überantworten, in denen die vertraglichen Regelungen auch auf den zweiten Blick nicht zu beanstanden sind.

Privatautonomie ist die andere Seite der Medaille eines freiheitlich-liberalen Denkens. Gestaltungsspielräume sind Aufforderungen an die Praxis, kreative Lösungen zu entwickeln. Angesprochen sind wir, Rechtsanwälte und Notare. Nutzen wir also das vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung zur Verfügung gestellte Instrumentarium im Interesse der Mandanten!

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