Zur Ermöglichung der praktischen Durchsetzung der Rechte des leiblichen, aber nicht rechtlichen Vaters ermächtigt § 167a FamFG die Gerichte zur Anordnung einer Abstammungsuntersuchung, sofern dies in Verfahren, die das Umgangs- und Auskunftsrecht des leiblichen Vaters nach § 1686a BGB betreffen, zur Klärung der leiblichen Vaterschaft erforderlich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu verfahrensbezogene Vorgaben gemacht:[29] Von Verfassungs wegen darf die Reihenfolge der Klärung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1686a BGB nicht im Belieben des Gerichts stehen, weil die Betroffenen nicht mit Grundrechtseingriffen belastet werden dürfen, die nicht erforderlich sind. Insbesondere dürfen die Gerichte die Reihenfolge nicht allein aus das Gerichtsverfahren betreffenden Praktikabilitätserwägungen wählen. Wegen der familiären Auswirkungen der Abstammungsklärung kann es zur Vermeidung unnötiger Eingriffe in das Familiengrundrecht vielmehr geboten sein, die Abstammungsklärung erst dann herbeizuführen, wenn das Gericht festgestellt hat, dass die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen; ist hingegen absehbar, dass die Klärung der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen für die Betroffenen ungleich belastender ist, kann es umgekehrt geboten sein, zuerst die Abstammungsklärung vorzunehmen.[30] Wenn sich die Frage der Kindeswohldienlichkeit oder -verträglichkeit ohne großen Aufwand klären lässt, wird das Gericht danach in der Regel vorab keine Abstammungsuntersuchung anordnen dürfen. Die Anordnung einer Abstammungsuntersuchung vor Klärung der sonstigen Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1686a BGB scheidet regelmäßig auch dann aus, wenn nach dem Stand der Ermittlungen unwahrscheinlich ist, dass die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Je wahrscheinlicher hingegen ist, dass die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und je geringer die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Familienlebens wären, desto eher darf eine Abstammungsuntersuchung vor der abschließenden Klärung der sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen angeordnet werden. Bei der Beurteilung der Beeinträchtigungen des Familienlebens kann insbesondere dem Umstand Bedeutung zukommen, ob die Möglichkeit der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers zwischen den Beteiligten streitig ist oder nicht. Der Wortlaut von § 1686a BGB und § 167a FamFG lässt die Berücksichtigung dieser verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsanforderungen zu. Die Regelung blieb darum verfassungsgerichtlich unbeanstandet.[31]

Autor: Prof. Dr. Gabriele Britz , Richterin des BVerfG

FF 10/2015, S. 387 - 392

[29] BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des Ersten Senats v. 19.11.2014 – 1 BvR 2843/14, Rn 13.
[30] Vgl. BVerfG, Beschl. des Ersten Senats v. 17.12.2013 – 1 BvL 6/10, Rn 106.
[31] BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des Ersten Senats v. 19.11.2014 – 1 BvR 2843/14, Rn 13.

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