Die Anhörung des Kindes ist geregelt in den Vorschriften der §§ 159 und 319 FamFG. Sie muss persönlich erfolgen, d.h. mündlich. Schriftliche[5] oder telefonische[6] Anhörungen sind unzulässig. Durch die Anhörung wird dem Kind die Möglichkeit eingeräumt, seine eigenen Belange im Verfahren einzubringen (Partizipation des Minderjährigen am gerichtlichen Verfahren).[7] Das Kind wird durch die Anhörung zum handlungsfähigen Verfahrenssubjekt und ist nicht Objekt. Das Kind muss zu allen entscheidungserheblichen Punkten befragt werden. Es muss in den Entscheidungsprozess einbezogen werden.[8] Ist es der deutschen Sprache nicht mächtig, muss ein Dolmetscher gemäß § 185 Abs. 1 S. 1 GVG hinzugezogen werden, damit sichergestellt ist, dass das Kind und der Dolmetscher in derselben Sprache kommunizieren. Es muss sich hierbei um einen vereidigten Dolmetscher handeln, § 189 Abs. 1 S. 1 GVG. Die Einschaltung eines sprachkundigen Beistands genügt nicht.[9] Mit Rücksicht hierauf können Eltern, Verwandte oder Nachbarn als Dolmetscher im Einzelfall nicht hinzugezogen werden.[10] Nach § 185 Abs. 3 GVG bedarf es in Familiensachen nicht der Zuziehung eines Dolmetschers, wenn der Richter der Sprache, in der sich die Beteiligten erklären, mächtig ist. Die persönliche Anhörung gehört vor allem in den Unterbringungsverfahren zu den bedeutsamen Verfahrensgarantien und ist Kernstück der Amtsermittlung i.S.d. § 26 FamFG.[11] Das Unterbleiben der persönlichen Anhörung des Kindes und des Jugendlichen stellt einen gravierenden Verfahrensmangel dar.[12] Denn dem Betroffenen ist das rechtliche Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht eingeräumt worden. Zweck der Anhörung ist es, dass das Gericht vor seiner Entscheidung sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind oder Jugendlichen verschafft. Es handelt sich hierbei um ein verfahrensrechtliches Gebot von Verfassungsrang.[13]

Auch im Beschwerdeverfahren besteht grundsätzlich die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Kindes, §§ 68 Abs. 3 S. 1, 33 Abs. 1 S. 1 FamFG. Allerdings kann das Beschwerdegericht nach der Vorschrift des § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Das Beschwerdegericht hat aber die Gründe, aus denen es von der persönlichen Anhörung absehen will, in der Entscheidung nachprüfbar darzulegen.[14]

Die Formulierung "Anhörung durch das Gericht" lässt nicht erkennen, ob es sich hierbei um den vollbesetzten, erkennenden Spruchkörper oder lediglich um ein Mitglied des Spruchkörpers handelt. Der BGH[15] vertritt hierzu die Rechtsansicht, dass die Anhörung durch das Gericht innerhalb eines aus mehreren Richtern zusammengesetzten Spruchkörpers wahrzunehmen ist, sich nach den Vorschriften über die Sachaufklärung gemäß § 26 FamFG bestimmt. Von daher kommt auch eine Anhörung durch den beauftragten Richter in Betracht. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Anhörung durch den beauftragten Richter, der bei der Entscheidung mitwirkt, auch dann nur als dessen persönlicher Eindruck verwertet werden darf. Wenn es dagegen notwendig ist, sich einen unmittelbaren persönlichen Eindruck von dem Kind oder den Jugendlichen zu verschaffen, so muss nach der Rechtsprechung des BGH[16] die Anhörung vor dem vollbesetzten Beschwerdesenat durchgeführt werden. Erfolgt ein Richterwechsel nach der mündlichen Verhandlung, dann muss die Anhörung vor dem vollbesetzten Spruchkörper erneut stattfinden, wenn es auf den unmittelbaren Eindruck des Gerichts ankommt.[17]

Nach der Vorschrift des § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG bestimmt sich das Beschwerdeverfahren im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das hat zur Konsequenz, dass das Beschwerdegericht im vollen Umfang an die Stelle des Erstgerichts tritt und unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu entscheidet.[18] Das Beschwerdegericht hat den Betroffenen persönlich anzuhören, wenn das Erstgericht diese zwingend gebotene Verfahrenshandlung unterlassen hat.[19] Es muss die unterbliebenen Verfahrenshandlungen bzw. den fehlerhaften Verfahrensteil nachholen.[20] Gleiches gilt, wenn von der Anhörung zusätzliche Erkenntnisse zu erwarten sind.[21]

Nur ausnahmsweise kann aus schwerwiegenden Gründen von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, §§ 159 Abs. 3 S. 1, 331 S. 1 Nr. 4 FamFG. Unterbleibt eine persönliche Anhörung wegen Gefahr im Verzug, muss sie unverzüglich nachgeholt werden, §§ 159 Abs. 3 S. 2, 332 S. 2 FamFG. Betrifft das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes, kann von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn eine solche nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist, § 159 Abs. 1 S. 1 FamFG. Das Alter des Kindes spielt nur bei der Anhörung nach § 159 FamFG eine Rolle. Nach § 159 Abs. 1 S. 1 FamFG hat das Gericht das Kind persönlich anzuhören, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat. Hat das K...

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