BGB §§ 313, 1603 Abs. 2, 1609 Nrn. 1 u. 2, 1610 Abs. 1, 1612b Abs. 1; ZPO § 323 a.F.

a) Der aus einer neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen resultierende Splittingvorteil ist sowohl bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder gem. § 1610 Abs. 1 BGB als auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen i.S.v. § 1603 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn der neue Ehegatte wegen seines Nachrangs gem. § 1609 BGB keinen Unterhalt beanspruchen kann (im Anschluss an Senatsurt. BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189).

b) Verringert sich der Splittingvorteil bei eigenem Einkommen des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen, wirkt sich dies zu Lasten des für den Kindesunterhalt verfügbaren Einkommens aus (im Anschluss an Senatsurt. BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189).

c) Bei der Berechnung des Kindesunterhalts sind auch im Mangelfall für die unterhaltsberechtigten Kinder die jeweiligen Zahlbeträge als Einsatzbeträge einzustellen.

d) Für die Abänderung eines Versäumnisurteils ist gem. § 323 ZPO nicht auf die Änderung der fingierten, sondern der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse inzwischen geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisurteils zulässig (im Anschluss an Senatsurt. v. 12.5.2010 – XII ZR 98/08 – zur Veröffentlichung bestimmt).

BGH, Urt. v. 2.6.2010 – XII ZR 160/08 (OLG Hamm, AG Rheine)

Tatbestand:

[1] Die Klägerin begehrt mit der Abänderungsklage eine Reduzierung ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Beklagten, ihren minderjährigen Kindern.

[2] Der Beklagte zu 1, der im Juni 1996 geboren ist, und die Beklagte zu 2, die im September 1994 geboren ist, stammen aus der geschiedenen Ehe der Klägerin; sie leben beim Vater. Die Klägerin ist wieder verheiratet. In ihrem Haushalt leben ihre beiden weiteren Kinder, geboren im August 2003 und im Juli 2005. Vater dieser Kinder ist der Ehemann der Klägerin.

[3] Am 18.9.2002 hatte sich die Klägerin in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, an die Beklagten jeweils monatlich 231 EUR Kindesunterhalt zu zahlen. In einem später von den Beklagten eingeleiteten Abänderungsverfahren erkannte das AG I. mit Teilversäumnis- und Schlussurt. v. 11.4.2006 u.a. wie folgt:

„Die Beklagte wird verurteilt, in Abänderung des vor dem AG R. unter dem 18.9.2002 ( … ) geschlossenen Vergleichs an die Kläger jeweils zu Händen ihres gesetzlichen Vertreters ( … ) für die Zeit ab dem 1.9.2006 für den Kläger zu 1 weitere 16 EUR monatlich und für die Klägerin zu 2 weitere 60 EUR monatlich bis zum 28.2.2008 einschließlich zu zahlen“.

[4] Als die Klägerin dieses Versäumnisurt. gegen sich ergehen ließ, war sie halbtags beschäftigt und verdiente rund 1.200 EUR brutto. Ihr Ehemann ging zu dieser Zeit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nach. Von Juni 2006 an weitete die Klägerin ihre Erwerbstätigkeit zu einer vollschichtigen Tätigkeit mit einem Verdienst von monatlich rund 2.400 EUR brutto aus, während ihr Ehemann, der bis dahin über ein etwa gleich hohes Einkommen wie jetzt die Klägerin verfügt hatte, nunmehr Erziehungsgeld sowie Nebeneinkünfte jeweils in Höhe von monatlich 300 EUR bezog.

[5] Das AG hat der Abänderungsklage der Klägerin teilweise stattgegeben und den Unterhalt für den Beklagten zu 1 für die Zeit von September 2006 an auf 127 EUR und für die Beklagte zu 2 auf 150 EUR monatlich reduziert. Auf die hiergegen von den Beklagten eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht in Abänderung des gerichtlichen Vergleichs i.V.m. dem Teilversäumnis- und Schlussurt. des Amtsgerichts den Kindesunterhalt für den – im Revisionsverfahren allein maßgeblichen – Zeitraum vom 1.1.2008 an für den Beklagten zu 1 auf 166 EUR und für die Beklagte zu 2 auf 195 EUR jeweils monatlich abgeändert.

[6] Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Revision, mit der sie eine Klagabweisung für die Zeit ab Januar 2008 anstreben.

Gründe:

I. [[7]] Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[8] Für das Verfahren ist gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurt. v. 25.11.2009 – XII ZR 8/08 – FamRZ 2010, 192 Tz 5).

[9] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob bei der Feststellung der nach § 323 Abs. 1 ZPO erforderlichen wesentlichen Änderung der für den titulierten Unterhaltsanspruch maßgeblichen Umstände auf die durch das Versäumnisurteil fingierten Tatsachen oder auf die tatsächlichen Verhältnisse bei Erlass des Versäumnisurteils abzustellen sei, da nach beiden Auffassungen erhebliche Änderungen eingetreten seien.

[10] In der Begründung ihres Abänderungsbegehrens im vorangegangenen Unterhaltsverfahren seien die jetzigen Beklagten davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrem damaligen Nettoeinkommen aus einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit von monatlich 1.013 EUR nur tei...

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