OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17.5.2023 – OVG 3 B 24/22

1. Die Ehe einer bei Eheschließung 14 Jahre alten Frau ist für den deutschen Rechtskreis nicht deshalb unwirksam, weil Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB fordert, dass der oder die Verlobte im Zeitpunkt der (im Ausland) geschlossenen Ehe das 16. Lebensjahr vollendet hatte. Diese Regelung ist hier nicht anwendbar, weil sie gemäß der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 Nr. 1 EGBGB nicht gilt, wenn der minderjährige Ehegatte – wie hier – vor dem 22.7.1999 geboren ist.

2. Eine gemäß dem syrischen Recht wirksame bigamische Ehe verstößt auch nicht gegen den Vorbehalt des ordre public im Sinne von Art. 6 S. 1 EGBGB. Es ist auch nicht sittenwidrig, wenn die Partner einer im Ausland wirksam eingegangenen Mehrehe ihr Zusammenleben im Inland freiwillig fortsetzen.

3. Ungeachtet der zivilrechtlichen Wirksamkeit einer im Ausland geschlossenen Mehrehe kann eine weitere (zweite) Ehefrau allerdings keinen Flüchtlingsschutz nach § 26 Abs. 1, Abs. 5 AsylG beanspruchen, wenn dieser Schutz bereits einer Ehefrau desselben Mannes zuerkannt worden ist. Da § 26 Abs. 1, Abs. 5 AsylG eine einfachgesetzliche Begünstigung darstellt, die ihre Rechtfertigung in Art. 6 Abs. 1 GG findet, gilt für das Verständnis der Norm der Ehebegriff des Art. 6 Abs. 1 GG, der – der europäischen Rechtstradition folgend – nur die Einehe erfasst.

(red. LS)

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