Die diesjährige Mitgliederumfrage der AG Familienrecht fand im Vergleich mit den Vorjahren zu einem früheren Zeitpunkt statt. Anlass hierfür war das Forum "Kind im Fokus", das unsere AG am 12. Mai im Französischen Dom in Berlin durchführte.

Mit der Umfrage sollte zum einen an die des vergangenen Jahre angeknüpft werden, die thematisch mit dem Titel "Das Kind im Verfahren" (zur Auswertung FF 2023, 2) ähnlich gelagert war. Zum anderen wollte der Geschäftsführende Ausschuss der AG ein Meinungsbild unserer Mitglieder zu Fragen des Kindesunterhaltes, zum Kindschaftsrecht und zu dem darauf gerichteten Verfahrensrecht sowie zu einem jeweiligen Reformbedarf einholen.

Die Ergebnisse der Umfrage wurden im Rahmen des Forums flankierend zu den Fachvorträgen aus wissenschaftlicher und rechtspraktischer Sicht präsentiert.

Mit einer Beteiligung von 16,4 % der Mitglieder unserer AG konnte eine höhere Quote als in den Vorjahren erreicht werden.

Thematisch gliederte sich die Mitgliederumfrage in die drei angesprochenen Schwerpunkte:

Kindesunterhalt
Kindschaftsrecht
Verfahrensrecht.

1. Kindesunterhalt

Auf die Frage, wie häufig die Erhaltung bzw. Erlangung eines Anspruches auf Kindesunterhalt für den eigenen Haushalt bei sorge- und umgangsrechtlichen Konflikten in der jeweiligen anwaltlichen Praxis eine Rolle spielt, gaben 74 % der Teilnehmer an, dies sei oft der Fall. Für 5 % der Kolleginnen und Kollegen war das unterhaltsrechtliche Interesse der Mandanten in kindschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen sogar immer gegeben (Folie 5).[1]

Dagegen wird nach der überwiegenden Einschätzung der Mitglieder nur selten (64 %) oder gar nicht (25 %) die Vertretungsbefugnis bestritten, dass der den Unterhalt geltend machende Elternteil die alleinige Obhut gemäß § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB innehat (Folie 6).

Demgegenüber sprachen sich mehr als ¾ der Teilnehmer (76 %) für eine Vertretungsbefugnis jedes Elternteils bei einem erweiterten Umgang oder im paritätischen Wechselmodell aus, wenn Kindesunterhalt verlangt wird (Folie 7). Dabei trat zu Tage, dass die Befürworter u.a. darauf hinwiesen, eine generelle Vertretungsbefugnis würde die Bestellung eines Ergänzungspflegers verzichtbar machen (Folie 9).

In einem häufig engen Zusammenhang mit dem Kindesunterhalt stehen der Bezug des Kindergeldes und der Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen.

Auf die Frage, ob beim paritätischen Wechselmodell das Kindergeld an beide Eltern je zur Hälfte ausgezahlt werden sollte, sprachen sich 75 % der Teilnehmer dafür und nur 20 % dagegen aus. Weitere 5 % zeigten sich unentschlossen (Folie 10).

Im Falle der Bewilligung von Unterhaltsvorschuss gab es ein ähnlich klares Meinungsbild. Für eine Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes dahingehend, dass diese Leistungen auch beim paritätischen Wechselmodell und bei erweiterten Umgängen bewilligt werden sollten, votierten 69 %, dagegen nur 22 %. Lediglich 9 % der Teilnehmer an der Umfrage erklärten, sich hierzu noch keine Meinung gebildet zu haben (Folie 11).

Ein weiterer Wunsch nach Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes bezog sich auch darauf, den Unterhaltsvorschuss beim paritätischen Wechselmodell an beide Eltern in gleicher Höhe auszuzahlen (Folie 12).

Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass Änderungen in der Bewilligung und Auszahlung von Kindergeld oder Unterhaltsvorschuss die Verwaltungsabläufe in den Familienkassen und den Jugendämtern (Unterhaltsvorschusskassen) verändern würden. Dies sollte jedoch angesichts der offenbar vorhandenen praktischen Bedürfnisse kein Hinderungsgrund sein.

[1] Die Folien der Präsentation sind auf der Homepage der AG Familienrecht einsehbar.

2. Kindschaftsrecht/Kindesbetreuung

Der Abschnitt zum Kindschaftsrecht in der Umfrage leitete mit der Frage ein, wie oft Mandanten im Trennungskonflikt der Eltern zwischen Sorgerecht und Umgangsrecht unterscheiden würden. Das Ergebnis war deutlich.

Von den Teilnehmern erklärten 75 % an, dies geschehe selten (64 %) oder gar nicht (11 %) (Folie 14).

Angesichts dessen musste das Resultat bei der Frage überraschen, ob § 1684 BGB dahingehend geändert werden sollte, künftig anstelle des "Umgangs des Kindes mit den Eltern" den "Anspruch auf Betreuung des Kindes" zu regeln. Die Antworten ergaben ein gemischtes Stimmungsbild, da 44 % diese mögliche Änderung des Gesetzes befürworteten, 38 % sie ablehnten und 18 % ankreuzten, hierzu (noch) keine eigene Meinung zu haben (Folie 15).

In den Begründungen fanden sich Argumente, die dem Betreuungsbegriff mehr Verantwortung der Eltern zumaßen und insofern positiv votierten. Dagegen führten die ablehnenden Stimmen aus, der Begriff "Betreuung" sei aus dem Betreuungsrecht bereits besetzt (Folie 17).

Aus der Sicht des Verfassers dieses Berichtes könnte das Umfrageergebnis auch damit zusammenhängen, dass § 1684 BGB in der jetzigen Formulierung eher aus der Sicht des Kindes gestaltet ist, während die Betreuung des Kindes die Elternperspektive hervorhebt.

Eine weitere Frage betraf die Sorgerechtsregelung in § 1626a BGB. Sie war darauf gerichtet, ob die Teilnehmer eine Änderung de...

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