Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung der Eltern, eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht auf Seiten des Kindes die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Ein vorübergehendes leichteres Versagen führt nicht zum Verlust des Unterhaltsanspruchs. Verletzt das Kind aber nachhaltig seine Ausbildungsobliegenheit, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen.

Hat das Kind die Regelstudienzeit des von ihm absolvierten Studiums überschritten und das Studium nach weiteren 4 Semestern noch nicht abgeschlossen, hat es sein Studium nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener Zeit beendet. In einem solchen Fall sind die Gründe, die für Verzögerungen sprechen, die auf nur vorübergehendem leichtfertigem Versagen beruhen, konkret vorzutragen. Dies gilt auch, soweit Verzögerungen als Folge der Corona-Pandemie bedeutsam sein sollen.[38]

Die Entscheidung verdeutlicht den Grad der Darlegungs- und Beweislast, der das in der Ausbildung befindliche Kind unterworfen ist, sobald Verletzungen der Ausbildungsobliegenheit seitens der Eltern gerügt werden. Es geht um die Voraussetzungen des anspruchsbegründenden Tatbestandes und nicht um die Verwirkung nach § 1611 Abs. 1 BGB.

[38] OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2022 – 14 UF 192/21, BeckRS 2022, 17410 = FamRZ 2022, 1773, bespr. v. Langeheine, NZFam 2022, 1039.

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