Probleme des Praktikers mit dem Scheidungsverbund

Die Antragsgegnerin beantragte im Scheidungsverfahren die Abänderung eines über Kindesunterhalt geschlossenen Vergleichs. Der Antrag war als "Stufenantrag auf Auskunft zum Kindesunterhalt und auf Abänderung eines Unterhaltstitels im isolierten Verfahren" überschrieben. Allerdings wurde für die letzte Stufe ein Abänderungs- und Zahlungsantrag bezogen auf "die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung" angekündigt. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin geschieden; das Oberlandesgericht daraufhin die gegen den Scheidungsbeschluss eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, eine Ehescheidung komme nur in Betracht, wenn im Verbund gleichzeitig auch über den Kindesunterhaltsantrag entschieden wird; sie beantragte daher im Rahmen der zugelassenen Rechtsbeschwerde die Aufhebung des Scheidungsbeschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1. Der Scheidungsverbund, § 137 FamFG

Der Scheidungsverbund ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.[1] Anwaltlich wird mit dem Verbund gerne taktiert; so kann durch Einleitung von Folgesachen das Scheidungsverfahren in die Länge gezogen werden, z.B. um einen attraktiven Trennungsunterhalt nicht einzubüßen. Auch kann es emotionale Gründe geben, die einen Beteiligten veranlassen, eine Folgesache anhängig zu machen; der scheidungswillige Ehegatte kann dann zumindest vorerst nicht wieder heiraten.

Mitunter ist aber auch umgekehrt gerade die isolierte Verfahrensführung gewollt; dies betrifft häufig den Zugewinnausgleich. Wird dieser nämlich im Verbund geltend gemacht, kann dies erhebliche Zinsverluste zur Folge haben, weil Zinsen erst ab Rechtskraft der Scheidung anfallen.[2] Anwaltlich ist unbedingt zu beachten, dass der Verbund nicht zur Disposition steht.[3] Zwar haben die Beteiligten ein Wahlrecht, ob sie den Anspruch auf Zugewinnausgleich in einem selbstständigen Verfahren nach Rechtskraft der Scheidung geltend machen oder in den Scheidungsverbund einbeziehen. Wird der Anspruch auf Zugewinnausgleich allerdings zu einem Zeitpunkt gerichtlich geltend gemacht, zu welchem das Scheidungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG der aus Scheidung und Folgesachen bestehende Verbund kraft Gesetzes ein, selbst wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte den Antrag stellt, er wolle den Zugewinnausgleich im isolierten Verfahren geltend machen. Born[4] hat daher den Verbund mit einem Gefängnis verglichen: "Man kann nicht disponieren, ob man reinkommt; und ist man erst einmal drin, kommt man nur schwer wieder raus." Es bleibt daher nichts anderes übrig; man muss sich gedulden und die Rechtskraft der Scheidung abwarten, bevor dann im isolierten Verfahren der Zugewinnausgleich (mit attraktiven Zinsen) geltend gemacht werden kann.

2. Anträge zum Kindesunterhalt

Kindesunterhalt für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung kann nicht als Folgesache im Verbund gefordert werden, ab Rechtskraft der Scheidung hingegen schon. Wird die Abänderung eines Kindesunterhaltstitels, der während der Trennungszeit ergangen ist, nach §§ 238, 239 FamFG beantragt, ist ein solches Verfahren dann eine Folgesache, wenn die Abänderung erst ab Rechtskraft der Scheidung verlangt wird, vgl. § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG.[5]

Typisch ist dies hingegen nicht. Der Kindesunterhalt wird regelmäßig zeitnah benötigt – dies gilt natürlich auch für einen nach Abänderung höheren Betrag – und nicht erst ab Rechtskraft der Scheidung, die insbesondere bei Einleitung von Folgesachen unkalkulierbar spät eintreten kann.

3. Auslegung von Anträgen

Zunächst ist deutlich darauf hinzuweisen, dass Anträge in gerichtlichen Verfahren großer Sorgfalt bedürfen. Sie sollten eindeutig formuliert sein, sodass eine Auslegung erst gar nicht erforderlich ist.

Auch im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Geltendmachung des Abänderungsantrags im Verbund taktische Gründe, nämlich die Verzögerung der Scheidung, hatte. Diese Zielsetzung ist nicht aufgegangen.

Die anwaltliche Vertretung der Antragsgegnerin hatte nämlich zum einen den Antrag als "Stufenantrag auf Auskunft zum Kindesunterhalt und auf Abänderung eines Unterhaltstitels im isolierten Verfahren" überschrieben. Damit war gerade eine Einbeziehung in den Verbund nicht gewollt. Zum anderen aber war auf der dritten Stufe die Abänderung des Unterhalts für "die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung" beantragt; damit sollte der Verbundvoraussetzung des § 137 Abs. 2 FamFG entsprochen werden, nämlich dass eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist.

Damit stellen sich diese Erklärungen widersprüchlich dar, sodass nun das Gericht durch Auslegung ermitteln muss, was tatsächlich gewollt ist.

Letztlich muss an dieser Stelle betont werden, dass der Kindesunterhalt keine typische durch Scheidung bedingte Folge ist; es besteht keine Abhängigkeit. Während also der Versorgungsausgleich, der nacheheliche Ehegattenunterhalt und grundsätzl...

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