Eine der wichtigsten Änderungen, die das Gesetz 4800/2021 an dem gr. ZGB vorgenommen hat, betrifft Art. 1515 über die nichtehelichen Kinder. Die frühere Fassung des Art. 1515 Abs. 1 gr. ZGB sah vor, dass die elterliche Sorge des nichtehelichen Kindes seiner Mutter obliegt. Hätte der Vater das Kind durch Rechtsgeschäft gemäß Art. 1475 gr. ZGB anerkannt, wäre er Träger der elterlichen Sorge, die er aber nur ausüben könnte, wenn die Zustimmung der Mutter vorliegen würde oder wenn die elterliche Sorge der Mutter ausgefallen wäre oder die Mutter aus tatsächlichen oder juristischen Gründen nicht in der Lage wäre, die elterliche Sorge auszuüben. Weiterhin konnte das Gericht die Ausübung der elterlichen Sorge dem Vater auf Antrag übertragen, wenn diese Maßnahme dem Kindeswohlprinzip diente.

Die Vorschrift des Art. 1515 Abs. 1 gr. ZGB, die ähnlich der früheren Vorschrift des § 1626a BGB war, wurde von der griechischen Literatur als verfassungswidrig und als Verstoß gegen Art. 8 und 14 der EMRK kritisiert.[32] Aus diesem Grund hat das Gesetz 4800/2021 Art. 1515 Abs. 1 gr. ZGB wesentlich reformiert. Nach der neuen Fassung übt der Vater, der das Kind freiwillig anerkannt hat, die elterliche Sorge gemeinsam mit der Mutter aus. Das Gleiche gilt, wenn der Vater eine Klage über die Feststellung seiner Vaterschaft erhoben hat, die vom Gericht zugelassen wurde. Leben die Eltern getrennt, werden Art. 1513 und 1514 gr. ZGB angewandt. Weiterhin sieht die Vorschrift des Art. 19 des Gesetzes 4800/2021 vor, dass die Vorschrift des neuen Art. 1515 gr. ZGB Anwendung auch auf die schon anerkannten Kinder findet.

[32] Kounougeri-Manoledaki, a.a.O., 284; Fountedaki, a.a.O., 60-61; Georgiadis Georgios, Ausübung der elterlichen Sorge des nichtehelichen Kindes – Beitrag zur Auslegung des Art. 1515 Abs. 3 S. 2 gr. ZGB (auf Griechisch), Konferenzbeitrag an der 7. Konferenz der Gesellschaft für Familienrecht "Fragen der elterlichen Sorge", 2021, 73 ff.; Lekkas, a.a.O., Rn 543. Contra Pantelidou, Die elterliche Sorge und der Umgang mit dem nichtehelichen Kind: Zwei entwickelnde Institutionen (auf Griechisch), FS Maniotis, 2022, 847, 861.

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