Jedes Kind braucht Menschen, die verbindlich für es Verantwortung übernehmen und ihm Liebe, Geborgenheit, Unterhalt und Erziehung geben. Die Pflicht, durch rechtliche Ausgestaltung die elterliche Hinwendung zum Kind zur Wahrnehmung ihrer Kontroll- und Sicherungsverantwortung zu ermöglichen, trifft den Gesetzgeber gem. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG im Rahmen des Rechts auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung.[64] Das Grundrecht weist dabei eine Abwehr- und eine Leistungskomponente auf.[65] Kinder dürfen ihren Eltern nicht entzogen werden. Erst wenn diese nicht willens oder in der Lage sind, die Elternverantwortung wahrzunehmen,[66] kann und muss der Gesetzgeber im Rahmen seiner aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG folgenden Verpflichtung ermöglichen, dass andere Personen die Elternrolle übernehmen.[67] Einen Anspruch auf Einräumung der rechtlichen Elternstellung für lediglich von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte soziale Eltern hat das BVerfG abgelehnt.[68] Besteht aber ein Recht des Kindes auf Einräumung der rechtlichen Elternstellung von Personen, die gem. Art. 6 Abs. 2 GG geschützt sind?[69] Dagegen spricht, dass im Einzelfall eine ganze Reihe von Personen wie Samenspender, Eizellenspenderin, Geburtsmutter, Wunscheltern etc. gem. Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternverbindungen zum Kind begründen können und es dem Gesetzgeber überlassen bleiben muss, diese Rechtspositionen zum Wohle des Kindes auszugestalten.[70] Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 2 GG liegt allerdings vor, wenn diese Gestaltungsfreiheit eingeschränkt war. Bejaht man dies, lässt sich spiegelbildlich zur Verletzung von Art. 6 Abs. 2 GG in den hier vorliegenden Fällen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, 6 Abs. 2 GG begründen.

[64] Vgl. BVerfGE 133, 59, 73-77, Rn 40-46; grundlegend: Britz, JZ 2014, 1069.
[65] Britz, JZ 2014, 1069, 1070.
[66] Vgl. zum Wächteramt: Sachs/von Coelln, Art. 6 Rn 76 ff.; Sanders, Mehrelternschaft, 2018, 118, 134.
[67] BVerfGE 133, 59, 73-77, Rn 43, in diesem Fall kann auch die Ersetzung der elterlichen Zustimmung zur Adoption gerechtfertigt sein: BVerfGE 24, 119, 148 ff.; Sanders, Mehrelternschaft, 2018, 161.
[68] BVerfGE 133, 59, 81 f., Rn 59.
[69] So OLG Celle FamRZ 2021, 862, 871 f.; Rn 145 ff. vgl. ausführlich: Reuß, FamRZ 2021, 824, 827 f.
[70] Sanders, Mehrelternschaft, 2018, 336 ff.

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