Praxis-Beispiel

Sachverhalt:

M und F haben zusammen ein nichteheliches Kind NK, welches bei M lebt. F hat aus einer früheren Ehe zwei Kinder KF 1 und KF 2, die keinen Unterhalt (auch keine UVG-Leistungen) mehr erhalten. M ist inzwischen mit Ehefrau E verheiratet, die die gemeinsamen Kinder KM 1 und KM 2 betreut und nicht erwerbstätig ist. F ist nunmehr in zweiter Ehe mit Ehemann W verheiratet, der selbst verwitwet war und aus der vorherigen Ehe zwei Kinder, KW 1 und KW 2, hat.

NK ist geboren am 7.7.2009 (7 J); KF 1 ist geboren am 10.10.2002 (14 J); KF 2 ist geboren am 9.9.2003 (13 J), KM 1 ist geboren am 4.9.2013 (3 J); KM 2 ist geboren am 1.2.2015 (2 J); KW 1 ist geboren am 6.6.2009 (7 J); KW 2 ist geboren am 8.8.2013 (3 J).

M hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.600 EUR, die E ist nicht berufstätig und kümmert sich um die Kinder KM 1 und KM 2. F arbeitet 75 %, verdient 1.200 EUR – im Falle der vollen Berufstätigkeit könnte sie 1.600 EUR verdienen – und kümmert sich um die Kinder KF 1 und KF 2 sowie die Kinder KW 1 und KW 2 des neuen Ehemannes W, der selbst voll berufstätig ist und 1.600 EUR verdient.

M ist der Auffassung, die F könne Vollzeit arbeiten und 1.600 EUR verdienen. Dann sei sie auch in der Lage, den Mindestunterhalt für NK zu bezahlen.

Lösung:

Der Mindestunterhalt 100 % für die einzelnen Kinder beträgt wie folgt:

 
NK, geb. 7.7.2009 (7 J) 393 EUR – 96 EUR = 297 EUR
KF 1, geb. 10.10.2002 (14 J) 460 EUR – 96 EUR = 364 EUR
KF 2, geb. 9.9.2003 (13 J) 460 EUR – 96 EUR = 364 EUR
KM 1, geb. 4.9.2013 (3 J) 342 EUR – 96 EUR = 246 EUR
KM 2, geb. 1.2.2015 (2 J) 342 EUR – 96 EUR = 246 EUR
KW 1, geb. 6.6.2009 (7 J) 393 EUR – 96 EUR = 297 EUR
KW 2, geb. 8.8.2013 (3 J) 342 EUR – 96 EUR = 246 EUR

1. Schritt:

Fraglich ist, ob F in der Lage ist, den Mindestunterhalt für NK zu leisten und ob sie verpflichtet ist, über die 75 % hinaus vollschichtig zu arbeiten.

Zunächst hat F für den Unterhalt von KF 1, KF 2 und NK aufzukommen, insgesamt also für NK (297 EUR), für KF 1 (364 EUR) und für KF 2 (364 EUR), somit i.H.v. 1.025 EUR.

2. Schritt:

Einkommen F: 1.200 EUR – wegen des Zusammenlebens mit dem neuen Ehemann W ist der Ehegattenunterhalt auf 960 EUR herabzusetzen. Da es um den Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind geht, ist vom Mindestselbstbehalt auszugehen (1.080 EUR). Dieser kann aber auch im Falle des Zusammenlebens mit einem neuen Ehemann nicht unter 880 EUR gekürzt werden, sodass F 1.200 EUR – 880 EUR = 320 EUR für den Unterhalt zur Verfügung stehen. Es liegt ein absoluter Mangelfall vor.

Fraglich ist, ob ihr Selbstbehalt weiter gekürzt werden kann, weil W den Ehegattenbedarf durch sein Einkommen mit decken kann.

Hierzu müssen die Verpflichtungen auch des W betrachtet werden:

W verdient in Vollzeit 1.600 EUR. Hiervon ist der Unterhalt für seine beiden Kinder KW 1 und KW 2 abzuziehen.

Der Unterhalt für KW 1 beträgt 297 EUR, der für KW 2 246 EUR, mithin insgesamt 643 EUR, sodass W lediglich noch 957 EUR verbleiben. Er kann somit nichts zum Ehegattenbedarf der F beisteuern.

3. Schritt:

Fraglich bleibt, ob die F nicht verpflichtet ist, Vollzeit zu arbeiten. Dann könnte sie zumindest 1.600 EUR verdienen, sodass F wenigstens 720 EUR für den Kindesunterhalt zur Verfügung stünden.

Hier muss eine Gesamtabwägung vorgenommen werden:

Für eine Vollerwerbspflicht spricht: Es liegt kein Fall einer zu respektierenden Rollenwahl vor, da der W nicht mehr verdient, als die F in Vollzeit verdienen würde. Es geht um den Mindestunterhalt für minderjährige Kinder.

Dagegen spricht: Zwei von den minderjährigen Kindern der F leben bei F, die diese auch noch betreut. Insgesamt leben im Haushalt der F (zusammen mit W) vier Kinder, welche von F versorgt werden; W arbeitet in Vollzeit (anderes könnte evtl. dann gelten, wenn W weniger als F in Vollzeit verdienen würde – ggf. müsste sich dieser dann um die Kinder kümmern).

Insoweit ist m.E. auch unter Berücksichtigung der Versorgung aller Kinder die Erwerbstätigkeit mit 75 % noch angemessen (a.A. ist aber vertretbar).

Verteilung des Unterhalts: 320 EUR von 1.025 EUR = 31 %

NK erhält daher: 92 EUR.

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