Verstöße wegen Verletzung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots sind bislang im deutschen Gesetzesrecht nicht sanktioniert – das Vorhaben des sog. Untätigkeitsbeschwerdegesetzes[1] wurde nicht weiterverfolgt. Müssen deshalb Verstöße gegen diese Verfahrensgrundsätze hingenommen werden? Die Rechtsprechung hält inzwischen Untätigkeitsbeschwerden für zulässig; sie könnte gerade in der Nichteinhaltung der Vorgaben zu Vorrang und/oder Beschleunigung ihre Begründetheit haben. Eben hieraus könnte sich auch ein Befangenheitsgrund ergeben, sofern keine sachlich zu rechtfertigenden Verfahrensverzögerungen vorliegen, wenn schlechterdings kein vernünftiger Grund mehr ersichtlich ist, der den Richter davon abhalten könnte, über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung des Umgangsrechts in einer diesem angemessenen Zeit zu befinden, selbst wenn er der Auffassung ist, der Antrag sei abzulehnen, wie das OLG Bamberg[2] festgestellt hat. Ob und in welcher Höhe es hier zivilrechtliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geben soll, darüber lässt sich ebenfalls trefflich streiten. Hinzuweisen ist allerdings auf den Umstand, dass wiederholt der EuGHMR auf völkerrechtlicher Grundlage Vertragsstaaten der EMRK zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet hat. Da Richter nach dem Deutschen Richtergesetz (§ 26 Abs. 2) zu "unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte" verpflichtet sind, sind von anwaltlicher Seite gewissenhaft die Möglichkeit und möglicherweise kontraproduktiven Effekte einer Dienstaufsichtsbeschwerde zu prüfen.

[1] Hierzu nur Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2008, S. 1783; siehe auch Anm. 14.
[2] FamRZ 2001, 552.

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