Das Vorrang- und Beschleunigungsgebot in § 155 FamFG dient nach dem Willen des Gesetzgebers und unter dem Druck der (Entschädigungs-)Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch der Einhaltung der sich aus der EMRK ergebenden Anforderungen an die Dauer des Verfahrens in Kindschaftssachen, da nach dieser ein Anspruch auf Entscheidung binnen angemessener Frist (Art. 6 Abs. 1 EMRK) sowie auf Achtung des Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) besteht.[1] Zudem soll das Beschleunigungsprinzip die verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllen.[2] Das BVerfG hat in ständiger Rechtsprechung deutlich gemacht, dass die Verfahrensdauer in Kindschaftssachen nur dann im verfassungsrechtlichen Sinne angemessen ist, wenn sie mit Blick auf die Besonderheiten des kindlichen Zeitempfindens den Verfahrensgegenstand, das Alter des betroffenen Kindes, die Gefahren der faktischen Präjudizierung sowie die Belastungen und Unsicherheiten berücksichtigt. Es kommt hinzu, dass das Verfahren so gestaltet werden muss, dass nicht die Gefahr der Entwertung materieller Grundrechtspositionen, insbesondere derjenigen aus Art. 6 GG, besteht.[3]

[1] Vgl. MüKo-FamFG/Heilmann, § 155 Rn 5.
[3] Näher hierzu MüKo-FamFG/Heilmann, § 155 Rn 6.

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